Die CDU im Osten nach der Wahl

Die CDU im Osten nach der Wahl

Wahlen können nicht im Osten gewonnen werden, aber sie können im Osten verloren gehen. Nachdem Reiner Haseloff und die CDU Sachsen-Anhalt im Sommer noch mit über 37 Prozent gewann, verlor die CDU flächendenkend in den neuen Bundesländern. Von ehemals 44 gewannen noch sieben Christdemokraten ihre Mandat zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen direkt. Damit geht die Partei der deutschen Einheit geschwächt in die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages. Von der Schwäche der CDU profitierte aber nicht die AfD. Sie ersetzt zwar mittlerweile die Linke als ostdeutsche Protestpartei, aber das Wahljahr zeigte ihr auch deutliche Grenzen auf. In Sachsen und Thüringen landete sie zwar auf Platz 1, doch die Zugewinne blieben aus.

Die Wahlen wurden in der Mitte entschieden und da profitierte die SPD von der Schwäche der CDU. Klick um zu Tweeten

Veränderungen der Ergebnisse zur letzten Bundestagswahl

Ergebnisse der Parteien bei den letzten Bundestagswahlen nach Ost und West

Drei Gründe erklären den Wahlausgang der Union im Osten:

Erstens, die Themen des Ostens kamen zu wenig vor.

Keine Partei konnte ein überzeugendes inhaltliches Angebot vortragen, welches die Themen im Osten aufgriff. Doch von der CDU erwarten die Bürger, dass sie Ihnen den kleinen Wohlstand sichern und ihre Sorgen ernst nimmt. Seit einiger Zeit haben uns die Leute als kleineres Übel gewählt, aber nicht weil die CDU sie vom Sitz gerissen hat. Es klingt eben nicht als Verheißung ostdeutscher Familien, wenn beide Elternteile berufstätig, auf das Auto angewiesen sind und dann der Benzinpreise auf zwei Euro zusteuert. Oder es fragt sich ein ostdeutscher Arbeitnehmer zurecht, warum nach 30 Jahren Deutscher Einheit in West und Ost unterschiedliche Löhne für die selbe Tätigkeit bezahlt werden. Wenn das tägliche Leben teurer wird, Lehrer fehlen und die Internetverbindungen lahmt, sorgen sich die Menschen in unseren Dörfern und Kleinstädten weit mehr um grundlegendere Fragen als um die Transformation zu einem klimaneutralen Industrieland.

Doch wer die Dörfer und kleinen Städte verliert, verliert das Land. Klick um zu Tweeten

Zweitens, die Pandemie der Grundrechte.

Der Wunsch nach einer Neubewertung der Coronapolitik war im Osten deutlich größer als in den Altbundesländern. Die Menschen waren nach Monaten erschöpft und sahen sich immer wieder neuen Beschränkungen ausgesetzt. Im Gegenzug sollten Auflagen fallen, wenn alle ein Impfangebot haben. Aber das passierte nicht. Im Gegenteil: Es gab jetzt neue G-Regeln und im Verordnungs-Dschungel blickt niemand mehr durch. Natürlich sorgt das für Frust. Gerade die Menschen im Osten sind sehr sensibel, wenn es um ihre Grundrechte geht. Es ist nicht gelungen, die Perspektive für die Menschen zum Ausgangspunkt der Politik zu machen. Stattdessen attestierte der oberste Interessenvertreter der Ostdeutschen in der Bundesregierung, der Ostbeauftragte, dass die Menschen hierzulande „diktatursozialisiert sind“ und „auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“. Das sich da Menschen angegriffen fühlten, kann nicht verwundern.

Schließlich gab es (k)eine „Union“

Fast zwei Jahre gab es Personaldebatten, wer Parteivorsitzender der CDU und als Kanzler Angela Merkel nachfolgen soll. Insbesondere die Zuspitzung zwischen Marcus Söder und Armin Laschet hat Kraft gekostet, die lange im Wahlkampf fehlte. Viel zu spät – erst kurz vor dem 26. September – versammelte sich die Union hinter ihrem Kandidaten.

Für die CDU bedeutet das:

1. Die Partei der deutschen Einheit sollte eine eine ständige Ostkonferenz einrichten, welche gemeinsam die Wahl analysiert und auch die Themen der CDU von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Thüringen selbstbewusst voranbringt.

2. Wissenschaftliche Wahlanalyse mit Auswertung von Regionen und Wählergruppen, Kommunikationsmittel und Organisationsstruktur der CDU-Parteiarbeit.

3. Eine Unterstützung der Parteiarbeit und der besonderen Strukturen demokratischen Engagements in den neuen Bundesländern durch die Bundespartei.

Trumps digitales Schweizer Taschenmesser für den Wahlkampf

Trumps digitales Schweizer Taschenmesser für den Wahlkampf

Der US-Präsidentschaftswahlkampf 2020 ist im vollen Gang. Die Gesundheits- und Wirtschaftskrise dominiert die öffentliche Auseinandersetzung. Doch für seine Wiederwahl setzt Präsident Trump auf die digitale Kommunikation.  Es wird sicherlich der digitalste Wahlkampf der amerikanischen Geschichte. Schon die Midterms sahen neue digitale Werberekorde und technische Innovationen. Nun launchte die Trump Kampagne  ihre neue gamifizierte Wahlkampf-App, um an den erfolgreichen digitalen Wahlkampf aus dem Jahr 2016 anzuknüpfen.

 

In Zeiten von COVID19 go digital

Während die ursprüngliche Strategie Trumps große Events mit digitaler Begleitung war, steckt nun in Trump’s neuer App über sechs Monate Arbeit. Zum einen galt es die auf Rallys konzipierte App durch die Corona-Krise umzugestalten, als auch erweiterte Gamificationansätze einzuarbeiten.

Unter https://www.donaldjtrump.com/app/text oder in den Android & iOS App Stores steht Trumps neue Wahlkampfapp zum Download bereit. Im CNN Exklusivinterview erklärte Trump-Kampagnenmanager Brad Parscale: „Millionen von Menschen sehen täglich zu, wie man sich online mit uns beschäftigen. Die Menschen sind zu Hause. Sie sind engagiert. Sie versuchen, sich an ihren Computer zu setzen, um zu sehen, was passiert“. Das Trump-Team bietet die Registrierung von Wählern, Hinweise für Tür-zu-Tür und digitale Kommunikation, Wettbewerbselemente für Teilhabe an der Kampagne sowie eigene Newsformate an; inklusive einer eigenen Nachrichtensendung innerhalb der App. Wenn Amerikaner Teil des Trump-Teams sein wollen, dann ist die App ihr Kampagnencockpit. 

Die Trump App 2020 ist das digitale Schweizer Taschenmesser für den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Klick um zu Tweeten

In einer Zeit mit geschlossenen Geschäften und Quarantäne rückt das Digitale mehr in das kommunikative Zentrum. Traditionelle Wahlkämpfe sind unmöglich, Haustüren können nicht geklopft werden und klassische Rallys fallen aus. Die letzte Trump-Wahlkampfveranstaltung fand am 2.März in North Carolina statt. Für Kampagnenmanager Parscale ist der Zeitpunkt gekommen, dass das Digitale endlich beweisen kann, dass es in der Politik funktioniert. Und da wird es für Joe Biden nicht so leicht: Joe Biden hat 4,6 Mio. Twitter Followers – Donald Trump kommt auf 75 Mio. Ebenso auf Facebook:  Joe Biden 1,7 Mio. zu Donald Trump 28  Mio. Fans. 

 

Nach der Überarbeitung aufgrund der Corona-Krise fungiert die Trump App jetzt als direkter Event-Host und –Plattform für virtuelle Trump-Events, die von erfahrenen Trump-Unterstützern oder Prominenten durchgeführt werden. Von der Registrierung für Veranstaltungen über den Check-In bis hin zum Ticketkauf (!) und der Veranstaltung selbst, ist alles zentral über die App möglich. Mehrere moderierte Live-Shows sind jederzeit per App verfügbar und ersetzen traditionelle Rallys ein Stück weit. Gleichzeitig ermöglicht die App Workshops und die Technologie erlaubt es Unterstützern, eine Show daheim zu hosten. Von ein paar Shows in der ersten Woche sind nun mehrere Shows pro Tag abrufbar.

 

Spielerisch zur Teilhabe durch Gamification

Traditionelle Teilhabeansätze in Wahlkämpfen arbeiten schon lange mit Gamification. In Trump’s neuer App sind kostenlose Inhalte, Wettbewerbe und Missionen für die „Trump Army“ enthalten. Die digitalen Aktivisten soll die Botschaften für die Wiederwahl ins Netz hinaustragen und die Reichweite erhöhen.

Das Grundprinzip ist simpel und teilweise auch aus Deutschland bekannt: Man erhält beispielsweise pro geteiltem Trump-Tweet einen Punkt. Teilt man die Kampagnen-App mit einem Freund, bekommt man sogar 100 Punkte. Ab einem Punktestand von 5.000 Punkten, bekommt man einen Rabatt für den Kampagnenshop. Für 100.000 Punkte kann man ein Bild mit Präsident Donald Trump machen. Der Gamificationansatz und das Bonussystem soll die Anhänger im gesamten Land anfeuern und das Netzwerk vergrößern.

P2P: Neue Reichweite durch direkte Kontakte

Bereits in den Midterms kam es zu einem neuen Trend des Peer-to-Peer-Texting. Durch die App können die Trump-Anhänger auf ihre Telefonkontakte zugreifen und aus der App Nachrichten mit Freunden direkt Mensch-zu-Mensch teilen. Über vorgefertigte Botschaften und Push-Benachrichtigungen werden immer mehr Freiwillige animiert, die App zu verbreiten und Punkte zu sammeln. Um die App installieren zu können, ist es grundlegend notwendig seine Handynummer einzutragen. Sie rückt in diesem Präsidentschaftswahlkampf mehr denn je ins Zentrum und hilft nachhaltig die Wählerdatenbasis mit weiteren Informationen anzureichern. Außerdem wird z.B. die Privatadresse bei der Installation abgefragt, welche bekanntlich echtes Wahlkampfgold ist. In Kombination mit der RNC Wählerdatenbank und den Informationen von über 200 Mio Amerikanern, lässt sich ein detailliertes Bild der Wähler und der Unterstützer zeichnen. So identifiziert die Kampagne weitere „versteckte Trump“ Wähler und deren Gewohnheiten. Die entstehenden Verknüpfungen ermöglichen Datenanalytik und Micro-targeting, welches die republikanische digitale Durchschlagskraft in diesem Jahr noch einmal auf ein neues Level befördern könnte. „Die Daten, die wir daraus gewinnen werden, sind großartig, vor allem wenn wir Wähler finden, die nicht in den Wahlinformationen auftauchen“, so der Kampagnenchef. Er betrachtet die App dahingehend als Kronjuwel der Trump Kampagne:

„Weil wir die Kampagne so früh begonnen haben, konnten wir die Entscheidung treffen, eine eigene App zu entwickeln, die der Kampagne und dem Präsidenten allein gehört.“

 

Digital First: Das Digitale dominiert die Kampagne

Der Trump 2020 Kampagne liegt eine voll digitalisierte Infrastruktur und Konzeption zugrunde. Nach den Erfolgen des Wahlkampfes 2016 gibt es keine eigenständige „Digitalabteilung“, sondern vielmehr gilt der Grundsatz: Digital first und die komplette Kampagne agiert digital!

Im Zentrum der Kampagne für die Unterstützer steht die „Trump 2020 App“ als „Schweizer Taschenmesser“. Sie bietet Anleitungsvideos von Top-Kampagnenhelfern und -Unterstützern wie Lara Trump, die erklärt, wie man ein „digitaler Aktivist“ in sozialen Medien wird und ein „MAGA-Treffen“ veranstaltet. Die Partnerin von Donald Trump Jr. Kimberly Guilfoyle beispielsweise erklärt, wie man ein guter Spendensammler wird und der politische Direktor Chris Carr verrät, wie man als „Teamleiter“ an der Basis brilliert. Eine digitalisierte Grassrootskampagne mit zentralem Steuerungselement. Der Wahlkampf ist eröffnet. 

 

Direkt und ungefiltert?

Natürlich darf auch ein Vergleich zwischen den beiden Kandidaten nicht fehlen. Der wesentliche Unterschied ist die konzeptionelle Tiefe: beim Republikaner ist die aktive Einbindung der Unterstützer durch die App und Verwurzelung der Kampagne wesentlich. Es handelt sich nicht um ein visuelles Gimmick, sondern ein umfassendes, unabhängiges Multitool, um die Trump Army nachhaltig zu steuern und einzubinden.

Während die Biden-App mehr als Linksammlung fungiert und häufig auf die Biden-Website verlinkt, besticht die Trump 2020 App durch detaillierte Features, die nur in der App zu haben sind.

Der Homebildschirm der App zeigt alle Trump Pressemitteilungen und Social Media-Beiträge an und macht sie direkt teilbar. Damit schafft die App eine neue Plattform, um den direkten Trump-Kontakt mit den Anhängern herzustellen, ohne Hürden und Barrieren. Die App ist frei verfügbar und ermöglicht es jeder Person, Informationen zu erhalten und mit der Kampagne zu kommunizieren.

Die App ist ein weiterer Schritt in Richtung technologischer Unabhängigkeit von Drittanbieter und Tech-Giganten wie Facebook und Google. Darüber hinaus fungiert die App als Datenbasis selbst, deren Wert und Nutzen ausschließlich bei der Kampagne liegt. Welche Videos, Sendungen oder Umfragen über die App geklickt werden und anschließend geteilt, werden nicht mehr durch gewöhnliche Werkzeuge von Google oder Facebook gemessen, sondern exklusiv von der Trump Kampagne. Grundsätzlich ist es jederzeit möglich, sich in der App zum Wählen oder Türen klopfen zu registrieren. Registrierte Unterstützer können somit unkompliziert nach der Corona-Krise aktiviert und rekrutiert werden. Ein erfolgreiches Comeback der digitalen Trump-Maschinerie wird wahrscheinlicher.

 

(gemeinsam mit Kevin Bayer)

Political Campaign Festival: Change to Change

Political Campaign Festival: Change to Change

Political Campaign Festival

#PolCampFestival

#PCF19

Teilnehmer

Länder

Die Welt verändert sich. Die Polarisierung nimmt zu. Weltpolitische Ereignisse und neue Technologien stellen Kommunikatoren und Kampagnenprofis vor enorme Herausforderungen. Sie setzen gleichzeitig eine neue Dynamik frei und verändern Politik und Wirtschaft rasant. Parteien, Unternehmen und NGOs stellen sich deshalb die Frage, wie sie mit diesen gesellschaftlichen Veränderungen schritthalten können.

Das Political Campaign Festival war das internationale Event für Kommunikatoren, Campaigner und Public-Affairs-Experten Ende Januar 2019 in Berlin. Es hat Spaß gemacht, die Veranstaltung zu hosten und zu moderieren. 

Political Campaign Festival 2019

 

Europas erstes Kampagnenfestival mit Teilnehmern aus Politischen Parteien, NGOs und Unternehmen

 

AKK eröffnet Konferenz

Annegret Kramp-Karrenbauer eröffnete die Konferenz mit einer Keynote zum Thema: „Politics in challenging times“.

Parteien müssen sich und ihre politische Kommunikation ändern. Politik erkläre sich heute nicht von selbst, sie muss erzählt werden. Kampagnen werden jetzt zuerst um Begriffe geführt. Parteien müssen es schaffen, die großen Geschichten selber zu erzählen. Positionen haben einen größeren Erklärungsbedarf, Begriffsklärung und Storytelling sind daher zentral.

Mit Blick auf die neuen Medien gilt: Twitter ist heute für manchen die diplomatische Depesche des 19. Jahrhunderts.

Wir brauchen einen kommunikativen Häuserkampf – gegen Fake News und Desinformationen.

„People like people. That’s why we also have to focus on bringing people and candidates together.“

Tom Pitfield, Chief Digital Strategist Justin Trudeau

Das digitale Mastermind von Justin Trudeaus Kampagne sah als Erfolgsrezept für digitale politische Kommunikation: „Sagen, was man denkt, echt sein“. Aber eben nicht wie Trump, sondern mit einer positiven und dynamisierenden Botschaft.

„Campaigns have to win the content wars.“

The future will be a battle over mobilization.

Prof. Dr. Dirk Helbing über digitale Demokratie

Kampagnen aus der ganzen Welt

Es war ein spannender Tag mit vielen wichtigen Impulsen. Angefangen von Dara Murphy und Ulla Tuttlies, die über die Europawahlen sprachen.  Ihre Überzeugung war: „Digital street fight has two words: digital and street. Intelligently linking offline and online campaigning and connecting with the de-connected seems to be the most effective strategy in political campaigning and when it comes to promoting the EU“.

Der Kampagnenmanager von Sebastian Kurz, Philipp Maderthaner, sprach über die Trends und neuen Praktikern der Kampagnenführung in Österreich, Deutschland und der Schweiz. 

Und zwei tolle Abschlussforen. Die internationale Perspektive kam von Chris Young (USA), Camila Crescembi (Argentinien) und Radu Magnin (Rumänien). Den deutschen Wahlkampfausblick leisteten die digitalen Campaigner von CDU, SPD, FDP und den Grünen.

Political Campaign Festival 2019

 

Inspirierende Diskussion mit Annegret Kramp-Karrenbauer

 

„Trumps Chance auf Wiederwahl liegt über 50 Prozent“

„Trumps Chance auf Wiederwahl liegt über 50 Prozent“

Im Gespräch mit n-tv über Trumps Wiederwahlchancen. „Trumps Strategen gehen sehr systematisch vor“, sagt er. „Sie verquicken traditionelle Form des Wahlkampfes mit dem digitalen Zeitalter.“

n-tv.de: Die meisten Beobachter sind mit Prognosen vorsichtig geworden, nachdem Donald Trump 2016 Präsident geworden ist. Wie schätzen Sie seine Chancen für 2020 ein?

Mario Voigt: Ich glaube, seine Chancen liegen über 50 Prozent. Er hat für seine Wiederwahlkampagne bereits mehr als 100 Millionen Dollar und mehrere tausende Unterstützer gesammelt. Das Level an Enthusiasmus bei seinen Kundgebungen ist sehr hoch – er zieht mehr Menschen an als Barack Obama früher. Insgesamt erinnert sein Situation an die von Obama 2010. Damals hatten die Demokraten bei den ersten Zwischenwahlen seiner Amtszeit auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Er schaffte die Wiederwahl 2012 trotzdem. Insofern sprechen einige Punkte für Trump.

Aber?

Bei seiner Persönlichkeit gibt es genügend Abrisskanten und Überraschungen. Letztlich kann er nur eine Taktik richtig gut: polarisieren, in die Herzen der Menschen greifen und Emotionen auslösen – das ist Trumps Strategie, die er allerdings perfektioniert. Irgendwann könnten die Amerikaner davon genug haben.

Könnten Sie die Parallele zu Obama erläutern?

Bei Nachwahlbefragungen bei den Midterms 2010 wurden Wähler gefragt, ob sie Obama wiederwählen würden. Er lag damals bei 43 Prozent. Bei Trump waren es bei den Zwischenwahlen im vergangenen November 38 Prozent, also nicht so weit entfernt. Obama startete seinerzeit neue Initiativen, die von den Republikanern im Kongress nicht unterstützt wurden, so dass er sie als Blockierer darstellen konnte. Das ist ziemlich präzise der Weg, den Trump heute geht. Im Moment sieht es so aus, als würden der Shutdown und der Streit um die Mauer ihm schaden. Langfristig könnte es ihm eher nutzen.

In den Umfragen steht Trump derzeit unter 40 Prozent Zustimmung.

Der Anteil derjenigen, die sagen, dass sie ihn als Person mögen, ist weiterhin etwa so groß wie in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl 2016. Seine Basis ist stabil, und die wird er bedienen. Gleichzeitig wird er versuchen, den potenziellen Kandidaten der Demokraten als unwählbar darzustellen und so unentschiedene Wähler auf seine Seite zu ziehen. So machte es Obama damals auch mit Mitt Romney.

Würde ein unabhängiger Kandidat wie der frühere Starbucks-Chef Howard Schultz Trump nutzen?

Definitiv. Sollte jemand wie Schultz antreten, ginge das auf Kosten der Demokraten. Trump würde das in die Hände spielen.

Braucht Trump auch vorzeigbare Erfolge, um seine Anhänger bei der Stange zu halten? Etwa seine Mauer?

Die Mauer war sein zentrales Wahlversprechen, er muss zeigen, dass sie gebaut wird. Daran wird er gemessen. Konservative Kommentatoren wie Ann Coulter kritisieren ihn mittlerweile scharf, weil er hier noch nichts vorweisen kann. Aber Trump ist kein klassischer Republikaner, er ist seine eigene Marke, die über das Wählerpotential der Republikaner hinausreicht. Ein weiterer Vorteil für ihn: Die Demokraten sind unsicher, mit welcher Strategie sie ihn angreifen sollten. Er steht bereits als Kandidat der Republikaner fest, die Demokraten haben dagegen einen sehr langen, harten und kostenintensiven Vorwahlkampf vor sich.

Ist das nicht auch eine Chance?

Nur zum Teil. Die Polarisierung in den USA führt dazu, dass die Anhängerschaften beider Parteien sich immer stärker von der Mitte wegbewegen. Die demokratischen Kandidaten sind in den Vorwahlen daher gezwungen, sich weiter links zu positionieren als später im Präsidentschaftswahlkampf. Sie könnten 2020 in eine Situation kommen, dass sie zwar ihre eigene Basis ansprechen, aber die moderaten Wähler nicht erreichen.

Was für einen Typus Politiker müssten die Demokraten aufstellen, um gegen Trump erfolgreich zu sein?

Kamala Harris ist eine interessante Kandidatin. Als Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters repräsentiert sie den Anspruch der Demokraten, Politik für Minderheiten und Frauen zu machen. Das ist zugleich ein Risiko.

Warum?

Trump wird nicht nur an der Mauer gemessen werden, sondern auch an der Performance der Wirtschaft und im Kontrast zum demokratischen Herausforderer. Wenn die Wirtschaft halbwegs läuft und auch Jobs in den eher industriell gebeutelten Mid-West-Staaten entstehen, dann brauchen die Demokraten einen Kandidaten, der dieses Thema vernünftig repräsentiert. Eine Frau aus Kalifornien bietet da im kommunikativen Straßenkampf des digitalen Zeitalters ziemlich viel Angriffsfläche. Klick um zu Tweeten Zudem neigen die Demokraten dazu, ihren Schwerpunkt auf die Interessen von Minderheiten, auf Identitätsthemen zu legen. Das hat beim letzten Mal in den Battleground-States, die die Präsidentschaftswahlen entscheiden, nicht gereicht. Wenn sie diese Strategie wieder fahren, werden sie verlieren. Eigentlich bräuchten die Demokraten einen Kandidaten wie Joe Biden, der die eigene Basis anfeuert und zugleich einen moderaten Anspruch formuliert. Aber Biden ist schon 76 Jahre alt.

Wann hat diese extreme Polarisierung der US-Gesellschaft eigentlich begonnen?

„Blue and Red America“ ist schon lange eine Chiffre für gespaltene politische Kultur der USA. [Blau ist die Parteifarbe der Demokraten, Rot die der Republikaner, Anm.d.Red.] Es gibt eine spannende Untersuchung des Pew Research Institute, die zeigt, wie sehr die Polarisierung seit Anfang der 1990er Jahre zugenommen hat. Immer weniger Amerikaner fühlen sich der politischen Mitte zugehörig. Viele Anhänger der Demokraten und Republikaner haben ausschließlich Freunde, welche dieselbe Partei wählen. Dieser Trend hat nicht erst mit Trump begonnen, Trump hat diese Polarisierung im digitalen Zeitalter nur verstärkt. Klick um zu Tweeten Das ist auch nichts originär Amerikanisches. Wir erleben ja auch in anderen Ländern, dass ein Teil der Bevölkerung das Gefühl hat, dass die klassischen Politiker und Parteien sie nicht mehr erreichen, dass Antiglobalisierungs- und Antimodernitätstendenzen stärker werden. Deswegen geben Wähler Leuten wie Trump oder Duterte auf den Philippinen oder – positiv gewendet – auch neuen Kandidaten wie Emmanuel Macron eher das Vertrauen als klassischen Kandidaten.

Sie haben erwähnt, dass nach wie vor viele Menschen zu Trumps Kundgebungen gehen. Welche Rolle spielen solche Veranstaltungen in Wahlkämpfen in den USA?

Rally mit Donald Trump jr.

Trumps Strategen gehen da sehr systematisch vor. Sie gehen mit diesen Kundgebungen vor allem in Regionen, die nicht zu den typischen Hotspots zählen. Wenn Trump kommt, ist das dort ein kulturelles Event mit Vor- und Nachprogramm. Zugleich verquicken sie diese sehr traditionelle Form des Wahlkampfes mit dem digitalen Zeitalter. Die Reden werden nicht nur live gestreamt, sondern Trump oder seine Kinder nehmen sich dann mindestens noch einmal so viel Zeit, um Selfies zu machen. So dringt Trump in die sozialen Netzwerke ein und erzielt einen Viralitätseffekt, der um ein Vielfaches größer ist als das Event an sich. Die Kundgebungen werden genutzt, um die Basis anzufeuern, aber auch, um auf das Handy von möglichst vielen Menschen zu kommen.

Gibt es da etwas, das deutsche Parteien, beispielsweise Ihre Partei, die CDU, von dieser Art des Wahlkampfes lernen können?

Die amerikanischen Wahlkämpfe sind sehr viel teurer als ein europäischer Wahlkampf und unsere politische Kultur im Mehrparteiensystem ist anders. Das steht in keinem Verhältnis. Aber die zentrale Nutzung von Technologien oder Events sehen wir auch in Deutschland bei allen Parteien: konzentrierte Medienereignisse, über die Sie als Journalist berichten, zugleich ein Ansprechen in sozialen Netzwerken, um die Reichweite zu erhöhen. Nehmen Sie den Wahlkampf von Manfred Weber, …

… der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei für die Europawahl im Mai.

Er nutzt Instagram, Twitter und Facebook, wo er auch Teilhabeelemente einsetzt, auf eine sehr kluge Art und Weise. Da gibt es einen weltweiten Lernprozess – Trump hat das ja nicht erfunden, das kommt aus asiatischen Wahlkämpfen, deren Intensität deutlich höher ist.

Aus Asien?

Ja, klar. Dort sind viele Wähler anzusprechen und Ideen sprießen – ob 3-D Hologramme von Spitzenkandidaten in Indien oder Text-Messaging in Südkorea. Der größte Trend bei den amerikanischen Midterms im vergangenen Jahr war die Wähleransprache über groß angelegte SMS- Kampagnen. Das ist deutlich effektiver als mit E-Mails, wo die Öffnungsraten nur bei zehn Prozent liegen. SMS lesen die Leute so gut wie immer. Über 90 Prozent öffnen die Nachrichten in den ersten fünf Minuten in den USA.

In Deutschland kann so etwas wohl nicht eingesetzt werden?

Vermutlich ist das aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich. Bei meiner Wahlkampfbeobachtung konnte ich mir anschauen, mit welcher Datenbasis die Republikaner und die Demokraten Wahlkampf machen. In deren Datenbanken finden sich über 199 Millionen Menschen, auf beiden Seiten. In den besonders umkämpften Staaten, den ungefähr 18 Battleground-States, verfügen die Parteien über bis zu 5000 Einzelinformationen zu einem Wähler. Theoretisch macht das eine maßgeschneiderte Kommunikation zu jedem Einzelnen möglich. Das können sich allerdings selbst amerikanische Kampagnen nicht leisten.

Mit Mario Voigt sprach Hubertus Volmer

Quelle: n-tv.de

https://www.n-tv.de/politik/Trumps-Chance-auf-Wiederwahl-liegt-ueber-50-Prozent-article20843987.html

Wahlkampf – Trends bei den amerikanischen Zwischenwahlen

Wahlkampf – Trends bei den amerikanischen Zwischenwahlen

Die Midterms 2018 waren ein Referendum über die ersten beiden, wilden Jahre der Präsidentschaft Donald Trumps. Während manche auf eine blaue Welle demokratischer Wahlsiege für House, Senate und Governors-Wahlkämpfen hofften, kam es eher zu einer moderaten Machtverschiebung. Change is the new normal. Den Wahlkampf zu den Midterms kennzeichnete eine hoher Mobilisierungsgrad und eine große Experimentierfreude mit neuen Wegen der Wähleransprache. Für PuK hat Mario Voigt vor Ort die neusten Entwicklungen im Campaigning in den USA beobachtet.

1.Digitales Marketing 

Die digitale Revolution in der Wähleransprache in den USA hält an. War die Präsidentschaftswahl durch digitale Wählersegmentierung und Cambridge Analytica geprägt, wuchsen die Ausgaben für digitale Werbung und digitalen Anspracheformen im Wahlkampf der Midterms unaufhaltsam. 

Nach dem Präsidentschaftswahlkampf 2016 verschärften Facebook, Google und Twitter ihre Richtlinien für politische Akteure und Werbung in den USA. Dennoch setzen die amerikanischen Kampagnen unvermindert auf die digitale Transformation in der Wähleransprache. Die organische Reichweite in sozialen Netzwerken schrumpft, die Bedeutung der Präsenz im digitalen Raum wächst und in der Konsequenz steigen die digitalen Werbebudgets. Soziale Netzwerke haben sich in Sachen Wahlkampf zu zahlpflichtigen Medienkanäle entwickelt. Sie sind Toolkit für die gezielte Ansprache von Wählern auf der Grundlage ihres bisherigen Online-Verhaltens und  sehr mächtige politische Mobilisierungsinstrumente.

Zwar sind die USA immer noch das Land des Fernsehens und die Fernsehwerbung auf den Kabelkanälen sowie ausgewählten Nischenkanälen überwiegen. Ungefähr die Hälfte der rund 8,9 Milliarden US-Dollar, die für politische Werbung in den Midterms ausgegeben wurden, entfielen auf TV.  Doch der schnellst wachsende Anteil des Werbebudgets fließt in digitale Medien! Rund 1,8 Milliarden US-Dollar und damit 20% des Gesamtbudgets wurden von politischen Akteuren für die Midterms auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene für digitale Kommunikation ausgegeben. Bei der vorherigen Zwischenwahlen waren es gerade mal 3,3 Prozent. 

Digitale Kommunikation über Display-Werbung auf wesentlichen Online-Seiten, Ads in Social Media, ausgefeiltes E-Mail-Marketing, gezielte SEO oder Gamification durch Apps machen mittlerweile einen wichtigen Teil der politischen Kampagnen in den USA aus. Zum Beispiel floss das Mediabudget des größten Super PAC der Demokraten „Priorities USA Action“ von 50 Millionen US-Dollar ausschließlich in digitale Werbung, ein Großteil davon auf Facebook und Google. Das Credo lautet: Wer mit dem Wähler kommunizieren will, muss online gehen!

2. Peer-to-Peer: Schnelle und direkte Kommunikation per SMS

Das Smartphone ist mittlerweile zu dem persönlichen Kommunikationsinstrument geworden. Jeden Tag textet man mit Freunden und Bekannten. Das neuste NewTech-Spielzeug der personalisierten Wähleransprache in den USA waren großangelegte SMS-Kampagnen. Während die direkte E-Mailansprache bereits in den vorherigen Kampagnenzyklen eine große Rolle spielte, griffen die Wahlkämpfer bei den Midterms auf die Kommunikation durch SMS-Textnachrichten zurück.

Erfolgreiche Nachrichten und Konversationen per SMS

Über Online-Plattformen oder mobile Anwendungen sandten die Kampagnen individuelle und personalisierte Textnachrichten, um Wähler, Aktivisten und Spendern zu organisieren und zu informieren. Der Kontakt Mensch-zu-Mensch wurde weiter digitalisiert, personalisiert und schafft es unmittelbar auf den privaten Handybildschirm der Wähler. 

Demokraten und Republikaner nutzten die Möglichkeit in den Midterms 2018 intensiv und setzten beispielsweise die Dienste von Hustle und RumbleUp ein.

Die SMS kosteten die Wahlkampagnen je nach der potentiellen Anzahl der versendeten Nachrichten:

  • kleine Kampagnen: 10-15cent pro Kontakt
  • große Kampagnen: 5-7cent pro Kontakt

Gerade der schnellere Kontakt und die höhere Aufmerksamkeit führte die Wahlkämpfer dazu, auf SMS zu setzen. Die Erfahrungswerte zeigten; in der Unübersichtlichkeit der elektronischen Postfächer gingen zahlreichen Emails unter und fanden manchmal erst am nächsten Tag Beachtung. Und die Öffnungsrate sind niedrig. Dagegen lag sie bei SMS-Texten bei über 98%, und eine Kampagne wusste von 90% sogar innerhalb der ersten 3 Minuten zu berichten. 

Kampagnen setzten SMS-Texting sehr unterschiedlich ein. Die Demokraten nutzen SMS eher für das organisieren, während die Republikaner sie strategisch für die Mobilisierungsbotschaft nutzten. Die Wahlkampagnen nutzten die SMS-Nachrichten zugeschnitten auf die einzelnen Wahlkreise und konzentrierten sich auf wahlkampfrelevante Aufmerksamkeitsfenster: Early Vote, Abwesenheits-Push / Chase, Event-Turnout, Fundraising und Get Out The Vote. Es war keine Seltenheit, dass eine Kampagne 5-7 Nachrichten an Wähler sandte. So kontaktierte in der heißen Wahlkampfphase manche Senatskampagne über 150.000 potentielle Wähler täglich per SMS-Nachrichten.

3. Money: Digital Fundraising mit Kleinspenden, SMS und Online 

Die große Abneigung der Demokraten und ihrer Anhängerschaft drückte sich nicht nur an der Wahlurne, sondern auch im Portmonee der Kampagnen aus. Zum ersten Mal in zehn Jahren konnten die Demokraten mehr Spenden sammeln als die Republikaner. Besonders bei den Kleinspendern und Spendern durch neue Technologien legten die Demokraten zu. Absoluter Fundraising-Star der Demokraten Beto O’Rourke kam allein in einem Quartal auf über 36 Mio. Dollar. Doch auch Donald Trump sammelte fleißig und startet in seine Wiederwahlkampagne 2020 mit über 100 Mio. Dollar in der Tasche. Das Digital Fundraising sprang im Vergleich zum Präsidentschaftswahljahr von 634 Mio. auf 1,3 Mrd. Dollar. Über 34 Mio. Spender gaben im Durchschnitt 38,53 Dollar. 

Fundraising per SMS

Besonders das Fundraising per SMS nahm als neuer Trend Fahrt auf. Mit großer Geschwindigkeit und Leichtigkeit konnten Unterstützer einfach per Textnachricht an politische Kampagnen spenden. Neben bloßen Aufforderungen zu spenden, gehört „Text-to-Donate“ wahrscheinlich zu den größten Neuerungen im Fundraising. Der Anbieter Anedot ermöglichte es registrierten Spendern, auf einen Text mit „JA“ und dem Betrag zu antworten und so automatisch zu spenden. Unmittelbar wurde eine Quittung erstellt und per E-Mail zugestellt. 

4. „Political Stalking“: Echtzeit-Feedback und Werbung

Wir erleben die digitale Disruption des Politischen und eine Wendung der politischen Kommunikation hin zur Echtzeitkommunikation auf unterschiedlichen digitalen Plattformen. Dies führt zu einer wachsenden Sichtbarkeit von politischen Debatten und Inhalten. Es ermöglicht aber auch einen nahezu synchronen Feedbackkanal, um noch stärker Stimmungen zu messen, Argumente, Positionen und Auftritte zu prüfen. Genau auf diese Möglichkeiten setzen amerikanische Kampagnen.

Wähler in Schlüsselstaaten und Kongressbezirken wurden während der Midterms durch Re-Targeting, genaue Datenanalysen und andere Trackingmöglichkeiten „verfolgt“. Solche Techniken waren bisher nur aus dem Produktmarketing bekannt. Mancher Beobachter sprach von „political stalking“ über unterschiedliche Plattformen und Geräte, die eine hohe Dichte an politischer Werbung ermöglichte. Dabei testeten die amerikanischen Kampagnen digitale Tools für skalierbare Mikro-Petitionen per Mail, A/B-Testing in der Wirkungsanalyse oder Instant-Feedback bei Facebook durch Likes und Emojis, um potentielle TV-Werbung zu prüfen. Potenzielle Wähler kam bis zu 30 Mal mit einer individualisierten, digitalen Anzeige in Berührung.

5. Events: Viraler Selfie-Outreach 

Trump kämpfte aktiv für die Mobilisierung bei den Zwischenwahlen. Zwei lange unterschätzten Instrumente waren Tür-zu-Tür und die klassischen Wahlkampfveranstaltungen im Konzert mit digitalen Outreach-Möglichkeiten. Gerade die Veranstaltungen erfuhren noch mehr Professionalisierung. Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 hielt Trump bereits über 323 Wahlkampfveranstaltungen in 40 Bundesstaaten ab. Seit seiner Amtseinführung bis zu den Zwischenwahlen waren es über 60. Die Anzahl seiner Wahlkampfveranstaltungen und die Intensität der Auseinandersetzung führten zu einer großen Anzahl an Zuschauern, sowohl live vor Ort als über gestreamte Veranstaltungen. Ähnlich verhielt es sich bei seinen Kindern Ivanka und Donald Trump jr.. Ein wesentliches Ziel war nicht nur die Mobilisierung der Besucher vor Ort, sondern auch deren soziale Netzwerke zu erreichen. Nach den Ansprache nahmen sich die Redner noch mindestens 20 Minuten Selfie-Zeit, um die kommunikative Reichweite in die persönlichen Netzwerke der Teilnehmer über Whatsapp, Facebook oder Twitter zu erhöhen. Dadurch verbanden die Kampagnen Offline- und Online-Kommunikation mit Viralität.

Rally mit Donald Trump jr.

Die Midterms 2018 waren ein großes Experimentierfeld für die zukünftigen Wahlkämpfe und die Präsidentschaftswahl 2020. Es ging vor allem darum, Grenzen digitaler Strategien (beispielsweise Werbesättigung) zu identifizieren, den Einsatz und die Kombinationsmöglichkeit zwischen direkter Ansprache, Wahlkampfveranstaltungen und digitaler Werbung zu optimieren. Während digitale Wahlkampfkommunikation in Deutschland in den Kinderschuhen steckt, wird in den USA einzig und allein ein Wettstreit über Technologie- und Effizienzvorsprünge geführt. Bei aller Technologieeuphorie galt aber der alte Grundsatz: „Message over Mechanics“. Demokraten und Republikaner verstanden es mit kontroversen, emotionalisierenden Themen wie Identität, Grenzsicherung, Supreme Court-Richter Brett Kavanaugh oder Impeachments ihre Wähler zu mobilisieren.

Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2020 ist das Trump-Team optimistisch:  Sie haben einen Kandidaten, die Kampagneninfrastruktur in den Bundesstaaten ist aufgebaut und sie sind fleißig am Geld sammeln, während mindestens über 20 Demokraten um die Rolle des Herausforderers streiten werden. 

Der Artikel erschien auch in Politik&Kommunikation.

Midterms 2018: Kein Denkzettel für Trump

Midterms 2018: Kein Denkzettel für Trump

Die Midterms 2018 sind ein Referendum über die ersten beiden, wilden Jahre der Präsidentschaft Donald Trumps. Während manche von einer blauen Welle demokratischer Wahlsiege für House, Senate und Governors-Wahlkämpfen sprechen, zeichnet sich eher eine moderate Machtverschiebung ab. Bei den Midterms in den USA gibt es kein Denkzettel für den Präsidenten Trump. Klick um zu Tweeten

Amerika ist gespalten und wütend wie seit Jahren nicht mehr. Die Zwischenwahlen am 6. November stehen an und das Land hat einen Wahlkampf erlebt in dem sich Politiker als Schurken, Narren oder Verräter beschimpft haben, ein Anhänger von Präsident Donald Trump Bomben an 14 Gegner schickte und der schlimmste antisemitischen Anschlag in der amerikanischen Geschichte verübt wurde. Es stellt sich die Frage, wer das politische Washington dominieren wird?

Der wahrscheinliche Ausgang:

  • die Demokraten gewinnen knapp die Mehrheit im Repräsentantenhaus
  • die Republikaner verteidigen den Senat
  • beide Parteien verzeichnen Gewinne und Verluste bei den Gouverneurswahlen

Damit bewegen sich die Midterms im Rahmen historischer Resultate: die Partei des Präsidenten verliert leicht, aber es sieht nicht nach einem Denkzettel für Trump aus. Wenige halten es sogar für möglich, dass die Republikaner auch das Repräsentantenhaus halten, denn die Demokraten müssen 23 Sitze zulegen. Historisch liegen die Gewinne der Partei, die nicht den Präsidenten stellt bei den Midterms bei 33 Sitzen.

 

Drei Erkenntnisse zeichnen sich bereits vor dem Wahltag ab:

Trump kämpfte aktiv für die Mobilisierung seiner Wählerschaft

Trump kämpfte aktiv für die Mobilisierung bei den Zwischenwahlen. Die Anzahl seiner Wahlkampfveranstaltungen und die Intensität der Auseinandersetzung führen dazu, dass die Wahlbeteiligung höher als bei vorherigen Wahlen ausfallen wird. Trump verstand es, mit kontroversen, emotionalisierenden Themen wie Grenzsicherung, Supreme Court-Richter Brett Kavanaugh oder der Androhung eines demokratischen Impeachments seine Wähler von 2016 zu mobilisieren.

Demokraten gewinnen den Fundraising-Kampf

Die große Abneigung der Demokraten und ihrer Anhängerschaft drückt sich nicht nur an der Wahlurne, sondern auch im Portmonee der Kampagnen aus. Zum ersten mal in zehn Jahren konnten die Demokraten mehr Spenden sammeln als die Republikaner. Besonders bei den Kleinspendern und Spendern durch neue Technologien legten die Demokraten zu. Absoluter Fundraising-Star der Demokraten Beto ORourke kam allein in einem Quartal auf über 36 Mio. Dollar. Doch auch Donald Trump sammelte fleißig und hat schon über 100 Mio. Dollar für seine Wiederwahlkampagne in der Tasche.

Polarisierung der USA hält an und wird stärker

Wer sind deine Freunde? Pew über Demokraten und Republikaner

Die USA bleiben ein gespaltenes Land. Die Intensität der politischen Auseinandersetzung wächst. Die

Ausschläge zwischen demokratischen und republikanischen Anhängern werden größer. Das angesehene Pew-Institut misst die Anzahl der Freunde mit unterschiedlicher politischer Meinung und die werden weniger. So diskutieren Demokraten und Republikaner lieber unter sich.

Im Gespräch mit dem Director for Politics Research des Pew Instituts ist die Prognose klar: Die Polarisierung wird bleiben.

Caroll Doherty, Director Political Research bei Pew


Die Trennlinie verläuft auch in den unterschiedlichen Regionen zwischen Stadt und Land. Bereits 2016 konnte Trump über 80 Prozent der 3141 Counties gewinnen. Den Vorteil der Demokraten in den Metropolen und größeren Städten konterten die Republikaner mit hohen Zustimmungswerten im kleinstädtischen und ländlichen Amerika. Vielmehr noch als eine geographische Größe offenbart sich hierin ein kultureller Werteunterschied: „Trump’s victory was an empire-strikes-back moment for all the places and voters that feel left behind in an increasingly diverse, post-industrial, and urbanized America“. In den homogeneren ländlichen Regionen wird Trump und seine Partei mit einer wirtschaftsbetonten und auf die weiße Arbeiterklasse orientierte Botschaft deutliche Gewinne verzeichnen.

 

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