Going Private: SMS-Messaging in den Kampagnen

Going Private: SMS-Messaging in den Kampagnen

Heute schon getextet? Das neuste NewTech-Spielzeug der personalisierten Wähleransprache sind grossangelegte SMS-Kampagnen. Während die direkte E-Mailansprache bereits in den vorherigen Kampagnenzyklen eine große Rolle spielte, greifen die Wahlkämpfer bei den Midterms auf die Kommunikation durch SMS-Textnachrichten zurück.

SMS: Schnelle und direkte Kommunikation

Das Smartphone ist mittlerweile zum persönlichsten Kommunikationsinstrument geworden. Und jeden Tag textet man Freunden und Bekannten. Amerikanische Kampagnen nutzen das Instrument SMS-Texting für die politische Kommunikation.

Über Online-Plattformen oder mobile Anwendungen senden die Kampagnen individuelle und personalisierte Textnachrichten, um Wähler, Aktivisten und Spendern zu organisieren und zu informieren. Der Kontakt Mensch zu Mensch wird digitalisiert, personalisiert und schafft es unmittelbar auf den privaten Handybildschirm der Wähler. So erhielten am gestrigen Tag in Nevada über 150.000 Wähler Nachrichten von einer Senatskampagne, von denen deutlich über 90 Prozent geöffnet wurden. Gerade in der Schlussmobilisierung spielen sie eine durchschlagende Rolle.

Erfolgreiche Nachrichten und Konversationen per SMS

Demokraten und Republikaner nutzen die Möglichkeit in den Midterms 2018 intensiv und setzen beispielsweise die Dienste von Hustle und RumbleUp ein.

Die SMS kosten die Wahlkampagnen je nach der potentiellen Anzahl der versendeten Nachrichten:

  • kleine Kampagnen: 10-15cent pro Kontakt
  • große Kampagnen: 5-7cent pro Kontakt

Zwei Überlegungen leiten die Wahlkämpfer auf SMS zu setzen:

1. Schnellerer Kontakt und höhere Aufmerksamkeit.

In der Unübersichtlichkeit der elektronischen Postfächer gehen zahlreichen Emails unter und finden manchmal erst am nächsten Tag Beachtung. Ihre Öffnungsrate ist niedrig. Dagegen liegt sie bei SMS-Texten bei über 98%, und eine Kampagne wusste von 90% sogar innerhalb der ersten 3 Minuten zu berichten.

2. Mehr Glaubwürdigkeit durch Peer-to-Peer-Kommunikation

Im konstante Informationsüberfluss der digitalen Welt setzen die Kampagnen auf die virale Kraft emotionaler Textbotschaften. Es gibt nicht nur generische Informationen. Besonders die Kandidatenkampagnen rufen ihre Unterstützer auf, Peer-to-Peer-Texte einzeln von einem Menschen zum Anderen zu senden. Ohne vorherige Einverständniserklärungen gewinnt der persönliche Netzwerkgedanke so an Bedeutung. Dagegen ist die Responserate bei generischen politischen Spam-Mails eher niedrig.

Kampagnen setzen SMS-Texting sehr unterschiedlich ein. Die Demokraten nutzen SMS eher für das organisieren, während die Republikaner sie strategisch für die Mobilisierungsbotschaft nutzen. Einige Anwendungsbeispiele:

  • Voter Reminders (Dates for Voter Registration, Election Day)
  • Event and Meeting Reminders
  • Invitations for Rallies and Fundraisers
  • Volunteer Coordination
  • Campaign News and Election Updates
  • Vote-by-Mail Messages
  • Media Relations
  • Staff Communications

Intensiver Kontakt nach Aufmerksamkeitsfenstern

Die Wahlkampagnen nutzen die SMS-Nachrichten zugeschnitten auf die einzelnen Wahlkreise und konzentrieren sich auf wahlkampfrelevante Aufmerksamkeitsfenster: Early Vote, Abwesenheits-Push / Chase, Event-Turnout, Fundraising und Get Out The Vote. Es ist keine Seltenheit, dass eine Kampagne 5-7 Nachrichten an Wähler sendet. Zum Beispiel nutzte die Kampagne von Bernie Sanders während der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 P2P-SMS, um mit Wählern in Kontakt zu treten und Unterstützer zu ermutigen, Kundgebungen mit dem Kandidaten zu besuchen.

Gute Texte sind auf die Zielgruppe und Kampagne zugeschnitten. (Bewegt-) Bild und persönliche Botschaften helfen bei der effizienten Adressierung und dringen durch den medialen Lärm. Anhand von vorgefertigten Texten können die Freiwilligen oder Unterstützer schnell reagieren. In den nächsten Tagen kommt es zu Erinnerungs-SMS für den Wahltag und die Kampagnen verweisen auf eine potentielle Steigerung der Beteiligung um mehr als 2 Prozentpunkte.

Fundraising mit Textnachricht

Fundraising per SMS

Mit großer Geschwindigkeit und Leichtigkeit können Unterstützer einfach per Textnachricht an politische Kampagnen spenden. Neben bloßen Aufforderungen zu spenden, gehört „Text-to-Donate“ wahrscheinlich zu den größten Neuerungen im Fundraising. Der Anbieter Anedot ermöglicht es registrierten Spendern, auf einen Text mit „JA“ und dem Betrag zu antworten und so automatisch zu spenden. Unmittelbar wird eine Quittung erstellt und per E-Mail zugestellt. Falls man nicht registriert ist, kann mit einem persönlichen Spendenlink geantwortet werden.

Mario Voigt analysiert internationale Wahlkämpfe und befindet sich momentan auf Wahlkampfbeobachtung in Nevada, Virginia und Washingston D.C. , wo er republikanische und demokratische Kampagnen interviewt.

Mobilisierung: Wie aktiviert man Stakeholder durch Gamification

Mobilisierung: Wie aktiviert man Stakeholder durch Gamification

Unternehmen fragen sich, wie sie ihre Mitarbeit besser motivieren können. NGOs wollen dauerhaft die Freiwilligen binden oder Parteien die gewonnenen Mitglieder aktiv zum Mitmachen bewegen. Doch wie mobilisiert man Mitarbeiter, Freiwillige oder Mitglieder dauerhaft für die gemeinsamen Ziele in Zeiten wachsender Veränderungen? Wie werden Betroffene zu Beteiligten? Mit einer neuen Serie zur Mobilisierung von Stakeholdern durch Gamification.  

Zeitalter der Engagement-Krise

Wir sind im Zeitalter der Engagement-Krise. Während unsere Gesellschaft immer vernetzter, schnelllebiger und leistungsfähiger wird, wächst die Herausforderung für Unternehmen, NGOs oder Parteien Bürger, Kunden, Angestellte, Freiwillige oder Mitglieder einzubinden. Gallup fand heraus, dass nur ein Drittel der Mitarbeiter sich aktiv in die Entwicklung ihres Unternehmens einbringen. Aktiv gegen das eigene Unternehmen engagieren sich 16 Prozent der Mitarbeiter und über die Hälfte (51 Prozent) sind einfach nur anwesend. Ähnliche Herausforderungen berichten NGOs oder Parteien. Schlechte Motivation und Engagement ist schlecht für den Erfolg. Es behindert Innovationen, beschränkt die Entwicklung des vollen Potentials der Stakeholder und schwächt den Erfolg der Organisation. 

Gerade in Zeiten der Digitalisierung und Social Media wachsen dabei die kommunikativen Herausforderungen. Schätzungen gehen davon aus, dass die meisten Menschen im Durchschnitt mehr 285 Artikel, Tweets oder Facebook Posts konsumieren, was über 54.000 Wörtern entspricht. Das ist die Länge eines typischen Romans. Doch steigt durch den Information Overload das Engagementlevel? Eher im Gegenteil. Es werden nur Informationen geteilt, die persönlich relevant und motivierend sind. Kurz gesagt: Wer das kommunikative Potential seiner Stakeholder, Mitarbeiter und Mitglieder aktiv nutzen will, muss sie zu mobilisieren wissen. 

Nur so kann Transformation gelingen. Studien über Change-Projekte in Unternehmen zeigen, dass durch Kommunikation und das aktive Engagement der Beteiligten die Transformation bis zu ein Jahr schneller gelingt und die Ziele um drei Jahre schneller erreicht werden. Um den gewünschten Wandel im Denken zu erreichen, sind unmittelbare Beteiligung und eine Identifikation mit Inhalt und Richtung der Veränderung nötig. 

Spielerisch zum Stakeholder Engagement und Mobilisierung

Es ist ein Irrglaube, dass höhere Beschäftigungsanreize und Bonuszahlungen auch mit der Verbesserung von Resultaten einhergehen. Vielmehr gewinnen mit der Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelt neuartige Methoden an Bedeutung, die persönliche Motivationen der Stakeholder mit den Organisationsinteressen zu verbinden wissen. Dabei berücksichtigen sie intrinsische und extrinsische Motivationsfaktoren. Und zwar spielerisch durch Gamification.

Gamification ist die Anwendung der Psychologie des Spiels auf einen nicht spielerischen Kontext, um beispielsweise Mitarbeiter im Unternehmen oder Mitglieder von Organisationen für gewünschte Handlungen zu motivieren und zu belohnen. Es zielt darauf ab, Betroffene zu Beteiligten zu machen – auf eine spielerische Art und Weise.

Gamification dient drei Hauptzwecken:

  • Änderung des Verhaltens,
  • Entwicklung von Fähigkeiten und
  • Förderung der Innovation

Gamification ist dort am besten eignet, wo man die die Ziele und Motivationen des Einzelnen mit denen der Organisation verbinden kann. Im besonderen richtet es sich an drei Zielgruppen:

1. Kunden

Kundenorientierte Gamification-Lösungen sind weit mehr als verbesserte Loyalitätsprogramme. Gamification kann verwendet werden, um das Produktangebot zu verbessern, Kundeninteraktionsmodelle zu ändern und Kundenunterstützungsnetzwerke zu ermöglichen. Im Mittelpunkt steht, dass was schätzt der Kunde und wie können wir ihn aktiv mobilisieren.

2. Mitarbeiter

Mitarbeiterorientierte Anwendungen von Gamification wachsen am stärksten. Sie bieten die größten Möglichkeiten, weil Arbeitnehmer eingebunden und aktiv für das Unternehmen mobilisiert werden. Anwendungsbeispiele reichen von Veränderung der Unternehmenskultur über Leitung von Mitarbeitern hin zu einer erfolgreichen Prozessausführung sowie Implementierung von Transformationsprogrammen. Im Mittelpunkt steht, den Mitarbeiter langfristig durch eine hohe Unternehmensbindung und -motivation zu binden und zu qualifizieren.

3. Interessengemeinschaften wie Parteien oder NGOs

Gamification ist außerdem besonders gut geeignet, um Interessengruppen an Verhaltensänderungen zu beteiligen. Was macht man mit Freiwilligen in NGOs oder Mitgliedern in Parteien, die man nicht zum Engagement zwingen kann? Im Mittelpunkt steht die Stärkung gemeinsamer Ziele und sie durch spielerische Anreize zu befördern.

Wie gelingt Gamification?

Eine neue Serie zur Mobilisierung von Stakeholdern durch Gamification zeigt wie Mitarbeiter und Kunden, Mitgliedern und Freiwilligen zu aktivem Engagement eingebunden werden.

  • Welche verhaltenspsychologischen Motive gibt es für Mitarbeiter, Kunden und Freiwillige?
  • Wie entwickelt man Gamification im Unternehmen oder NGOs?
  • Wie mobilisiert man das Engagement?
  • Wie sieht ein Design für Gamification aus?
  • Welche Chancen bietet die Digitalisierung, Anreize aktiv zu befördern?
  • Welche Praxisbeispiele waren erfolgreich?

All diese Fragen will die neue Serie beantworten. Zweimal die Woche. Hands on und mit praktischer Relevanz für Unternehmen, NGOs und gesellschaftliche Organisationen. Wer keinen Beitrag verpassen will, kann sich in den Newsletter eintragen und erhält exklusives Hintergrundmaterial und Case Studies.

Newsletter abonnieren

High Tech mit High Touch – Mit App im Wahlkampf

High Tech mit High Touch – Mit App im Wahlkampf

Tür-zu-Tür und App – der Wahlkampf ist High Tech mit High touch. Ob aus dem amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf oder asiatischen Kampagnen sind sie bekannt: Die kleinen technischen Hilfsmittel, die Informationen zu potentiellen Wählern geben, Laufrouten optimieren oder die Kontaktaufnahme erfassen. Doch was bieten die Parteien an neuen Applikationen auf, um ihre Wahlkämpfer Tür-zu-Tür zu unterstützen?!

 

Praktisch alle Parteien greifen auf Apps zurück, um ihre inhaltlichen Positionen zu verbreiten. Es gibt im Bundestagswahlkampf bisher nur drei Parteien, die ihre Tür-zu-Tür Wahlkämpfer mit einer App unterstützen. Damit wird der Wahlkampf vor Ort organisiert, Zwischenstände und Anfragen zentral zurückgemeldet oder einfach nur die Botschaft des Tages in den sozialen Medien verbreitet.

  1. SPD: „Tür-zu-Tür-App“

Bei der SPD dominiert der laufende Fragebogen. Sie bietet Wahlkämpfern die Möglichkeit, einen Fragebogen jeweils zu Politikthemen und Kandidaten aufzurufen. Die Antworten des Bürgers können direkt an der Tür oder später eingetragen werden. Es geht nach thematischen Interessen, der SPD-Wahl-Wahrscheinlichkeit oder der Absicht, am 24.9. seine Stimme abzugeben. Es gibt zwei Möglichkeiten (Kandidaten oder Themen) mit jeweils drei Fragen. So entstehen einfache Handlungsanleitungen für das Türgespräch – ein kleiner Leitfaden.

Frage in der SPD-App

Die App ist eine responsive Internetseite; quasi „ein Online-Formular“ durch welches dann der Kandidat Informationen über den politischen Puls seiner Wahlkreisregion erhält. Im SPD-eigenen Vorwärts heißt es dazu: „Und sie werden über die Bundestagswahl hinaus gespeichert. So kann auch in künftigen Wahlkämpfen auf bestehende Informationen zurückgegriffen werden.“

  1. Linke: App „Partisanin“

App der Linken

Bei der Linken geht es mit der App „Partisanin“ um den Häuserkampf. Sie ist nur als Web-App verfügbar und last minute für den Bundestagswahlkampf fertig geworden. Eine native Smartphone-App soll mittelfristig in Planung sein. Herzstück ist eine Karte, wo Nutzer ihre Aktionen eintragen. So markiert man bspw. wo Wahlkampfplakate hängen oder bewertet mit Schulnoten einzelne Häuserblöcke, um die Empfänglichkeit der dort lebenden Wähler für Tür-zu-Tür-Wahlkampf zu erfassen. Perspektivisch sollen sich die Nutzer untereinander messen können und dafür Punkte erhalten.

Strassenmarkierung in der App

Der Zugang ist limitiert und erfolgt über QR-Code Scan im Wahlkampfbüro oder bei einem User, der die App schon hat. Interessant ist der OpenSource-Gedanke: der Quellcode wird veröffentlicht.

  1. CDU: „connect17-App“

Die CDU verknüpft in ihrer Connect17-App den Haustürwahlkampf mit digitalen Anspracheformen. Über ein Facebook-Login bedienen die Nutzer eine App, die für die TzT-Ansprache und für die Social Media Mobilisierung gedacht ist. Nutzer erfassen ihre Tür-zu-Tür Aktionen und geben Rückmeldung über positive oder reservierte Wählerkontakte. Zudem können sie datenschutzrechtlich validiert, Unterstützer erfassen oder Nachfragen von Bürgern aufnehmen. Gleichzeitig können die Nutzer Nachrichten an ihre Freunde in die relevanten sozialen Netzwerke pushen.

Apps helfen beim Wahlkampf

Die CDU setzt auf Gamification: für jedes Gespräch gibt es virtuelle Punkte. Man kann eine Ladder of Engagement erklimmen – vom Neuling zum Kanzlerinnenmacher. Der Wettbewerbscharakter wird durch unterschiedliche Missionen angespornt. Ob „Hans Dampf in allen Gassen“ (60 Türen) bis zu „Netzwerker“ (20 Social Media Shares) – jede kann entsprechend mithelfen, Angela Merkel zur Kanzlerin zu machen. Apropos, den zehn fleißigsten Helfer winkt ein Gespräch mit der Kanzlerin.

Die App kam bereits bei den Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zum Einsatz und ist somit schon wahlkampferprobt.

High tech für high touch

Big Data Wahlkampf oder Microtargeting? Viel wird über die Möglichkeiten in den USA oder UK geschrieben. In Deutschland kommen die Parteien mit den harten Datenschutz-Regeln aus und entwickeln dabei ihre eigenen Lösungsansätze. Sie identifizieren Potentialregionen (SPD, CDU), motivieren ihre Unterstützer mit App Fragen zu stellen (SPD), Wahlplakate zu erfassen (Linke) oder für die Wahl an der Tür oder in Social Media (CDU) zu werben.

Allen wahlkämpfenden Parteien ist der langfristige Ansatz klar. Die Bundestagswahl ist der Beginn des intensiven, direkten Wählerdialogs. Potentiale erkennen und pflegen. Technologische Lösungen wie Apps helfen zu strukturieren, Hilfestellungen zu geben oder auch durch Gamefication die Unterstützer anzuspornen. Ein App bleibt aber ein Instrument. Sie ersetzt nicht das persönliche Gespräch, den überzeugenden Kandidaten und den gewinnenden inhaltlichen Standpunkt.

Um nichts zu verpassen, einfach der Mini-Serie als Newsletter folgen.

[offer-box href=“http://mario-voigt.us7.list-manage.com/subscribe/post?u=32fd2aefa585ab7aa5bf1f280&id=bb6766f11e“ linktext=“Miniserie: Trends im Wahlkampf“ securecheckout=“false“]

Newsletter abonnieren