Wahlkampf – Trends bei den amerikanischen Zwischenwahlen

Wahlkampf – Trends bei den amerikanischen Zwischenwahlen

Die Midterms 2018 waren ein Referendum über die ersten beiden, wilden Jahre der Präsidentschaft Donald Trumps. Während manche auf eine blaue Welle demokratischer Wahlsiege für House, Senate und Governors-Wahlkämpfen hofften, kam es eher zu einer moderaten Machtverschiebung. Change is the new normal. Den Wahlkampf zu den Midterms kennzeichnete eine hoher Mobilisierungsgrad und eine große Experimentierfreude mit neuen Wegen der Wähleransprache. Für PuK hat Mario Voigt vor Ort die neusten Entwicklungen im Campaigning in den USA beobachtet.

1.Digitales Marketing 

Die digitale Revolution in der Wähleransprache in den USA hält an. War die Präsidentschaftswahl durch digitale Wählersegmentierung und Cambridge Analytica geprägt, wuchsen die Ausgaben für digitale Werbung und digitalen Anspracheformen im Wahlkampf der Midterms unaufhaltsam. 

Nach dem Präsidentschaftswahlkampf 2016 verschärften Facebook, Google und Twitter ihre Richtlinien für politische Akteure und Werbung in den USA. Dennoch setzen die amerikanischen Kampagnen unvermindert auf die digitale Transformation in der Wähleransprache. Die organische Reichweite in sozialen Netzwerken schrumpft, die Bedeutung der Präsenz im digitalen Raum wächst und in der Konsequenz steigen die digitalen Werbebudgets. Soziale Netzwerke haben sich in Sachen Wahlkampf zu zahlpflichtigen Medienkanäle entwickelt. Sie sind Toolkit für die gezielte Ansprache von Wählern auf der Grundlage ihres bisherigen Online-Verhaltens und  sehr mächtige politische Mobilisierungsinstrumente.

Zwar sind die USA immer noch das Land des Fernsehens und die Fernsehwerbung auf den Kabelkanälen sowie ausgewählten Nischenkanälen überwiegen. Ungefähr die Hälfte der rund 8,9 Milliarden US-Dollar, die für politische Werbung in den Midterms ausgegeben wurden, entfielen auf TV.  Doch der schnellst wachsende Anteil des Werbebudgets fließt in digitale Medien! Rund 1,8 Milliarden US-Dollar und damit 20% des Gesamtbudgets wurden von politischen Akteuren für die Midterms auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene für digitale Kommunikation ausgegeben. Bei der vorherigen Zwischenwahlen waren es gerade mal 3,3 Prozent. 

Digitale Kommunikation über Display-Werbung auf wesentlichen Online-Seiten, Ads in Social Media, ausgefeiltes E-Mail-Marketing, gezielte SEO oder Gamification durch Apps machen mittlerweile einen wichtigen Teil der politischen Kampagnen in den USA aus. Zum Beispiel floss das Mediabudget des größten Super PAC der Demokraten „Priorities USA Action“ von 50 Millionen US-Dollar ausschließlich in digitale Werbung, ein Großteil davon auf Facebook und Google. Das Credo lautet: Wer mit dem Wähler kommunizieren will, muss online gehen!

2. Peer-to-Peer: Schnelle und direkte Kommunikation per SMS

Das Smartphone ist mittlerweile zu dem persönlichen Kommunikationsinstrument geworden. Jeden Tag textet man mit Freunden und Bekannten. Das neuste NewTech-Spielzeug der personalisierten Wähleransprache in den USA waren großangelegte SMS-Kampagnen. Während die direkte E-Mailansprache bereits in den vorherigen Kampagnenzyklen eine große Rolle spielte, griffen die Wahlkämpfer bei den Midterms auf die Kommunikation durch SMS-Textnachrichten zurück.

Erfolgreiche Nachrichten und Konversationen per SMS

Über Online-Plattformen oder mobile Anwendungen sandten die Kampagnen individuelle und personalisierte Textnachrichten, um Wähler, Aktivisten und Spendern zu organisieren und zu informieren. Der Kontakt Mensch-zu-Mensch wurde weiter digitalisiert, personalisiert und schafft es unmittelbar auf den privaten Handybildschirm der Wähler. 

Demokraten und Republikaner nutzten die Möglichkeit in den Midterms 2018 intensiv und setzten beispielsweise die Dienste von Hustle und RumbleUp ein.

Die SMS kosteten die Wahlkampagnen je nach der potentiellen Anzahl der versendeten Nachrichten:

  • kleine Kampagnen: 10-15cent pro Kontakt
  • große Kampagnen: 5-7cent pro Kontakt

Gerade der schnellere Kontakt und die höhere Aufmerksamkeit führte die Wahlkämpfer dazu, auf SMS zu setzen. Die Erfahrungswerte zeigten; in der Unübersichtlichkeit der elektronischen Postfächer gingen zahlreichen Emails unter und fanden manchmal erst am nächsten Tag Beachtung. Und die Öffnungsrate sind niedrig. Dagegen lag sie bei SMS-Texten bei über 98%, und eine Kampagne wusste von 90% sogar innerhalb der ersten 3 Minuten zu berichten. 

Kampagnen setzten SMS-Texting sehr unterschiedlich ein. Die Demokraten nutzen SMS eher für das organisieren, während die Republikaner sie strategisch für die Mobilisierungsbotschaft nutzten. Die Wahlkampagnen nutzten die SMS-Nachrichten zugeschnitten auf die einzelnen Wahlkreise und konzentrierten sich auf wahlkampfrelevante Aufmerksamkeitsfenster: Early Vote, Abwesenheits-Push / Chase, Event-Turnout, Fundraising und Get Out The Vote. Es war keine Seltenheit, dass eine Kampagne 5-7 Nachrichten an Wähler sandte. So kontaktierte in der heißen Wahlkampfphase manche Senatskampagne über 150.000 potentielle Wähler täglich per SMS-Nachrichten.

3. Money: Digital Fundraising mit Kleinspenden, SMS und Online 

Die große Abneigung der Demokraten und ihrer Anhängerschaft drückte sich nicht nur an der Wahlurne, sondern auch im Portmonee der Kampagnen aus. Zum ersten Mal in zehn Jahren konnten die Demokraten mehr Spenden sammeln als die Republikaner. Besonders bei den Kleinspendern und Spendern durch neue Technologien legten die Demokraten zu. Absoluter Fundraising-Star der Demokraten Beto O’Rourke kam allein in einem Quartal auf über 36 Mio. Dollar. Doch auch Donald Trump sammelte fleißig und startet in seine Wiederwahlkampagne 2020 mit über 100 Mio. Dollar in der Tasche. Das Digital Fundraising sprang im Vergleich zum Präsidentschaftswahljahr von 634 Mio. auf 1,3 Mrd. Dollar. Über 34 Mio. Spender gaben im Durchschnitt 38,53 Dollar. 

Fundraising per SMS

Besonders das Fundraising per SMS nahm als neuer Trend Fahrt auf. Mit großer Geschwindigkeit und Leichtigkeit konnten Unterstützer einfach per Textnachricht an politische Kampagnen spenden. Neben bloßen Aufforderungen zu spenden, gehört „Text-to-Donate“ wahrscheinlich zu den größten Neuerungen im Fundraising. Der Anbieter Anedot ermöglichte es registrierten Spendern, auf einen Text mit „JA“ und dem Betrag zu antworten und so automatisch zu spenden. Unmittelbar wurde eine Quittung erstellt und per E-Mail zugestellt. 

4. „Political Stalking“: Echtzeit-Feedback und Werbung

Wir erleben die digitale Disruption des Politischen und eine Wendung der politischen Kommunikation hin zur Echtzeitkommunikation auf unterschiedlichen digitalen Plattformen. Dies führt zu einer wachsenden Sichtbarkeit von politischen Debatten und Inhalten. Es ermöglicht aber auch einen nahezu synchronen Feedbackkanal, um noch stärker Stimmungen zu messen, Argumente, Positionen und Auftritte zu prüfen. Genau auf diese Möglichkeiten setzen amerikanische Kampagnen.

Wähler in Schlüsselstaaten und Kongressbezirken wurden während der Midterms durch Re-Targeting, genaue Datenanalysen und andere Trackingmöglichkeiten „verfolgt“. Solche Techniken waren bisher nur aus dem Produktmarketing bekannt. Mancher Beobachter sprach von „political stalking“ über unterschiedliche Plattformen und Geräte, die eine hohe Dichte an politischer Werbung ermöglichte. Dabei testeten die amerikanischen Kampagnen digitale Tools für skalierbare Mikro-Petitionen per Mail, A/B-Testing in der Wirkungsanalyse oder Instant-Feedback bei Facebook durch Likes und Emojis, um potentielle TV-Werbung zu prüfen. Potenzielle Wähler kam bis zu 30 Mal mit einer individualisierten, digitalen Anzeige in Berührung.

5. Events: Viraler Selfie-Outreach 

Trump kämpfte aktiv für die Mobilisierung bei den Zwischenwahlen. Zwei lange unterschätzten Instrumente waren Tür-zu-Tür und die klassischen Wahlkampfveranstaltungen im Konzert mit digitalen Outreach-Möglichkeiten. Gerade die Veranstaltungen erfuhren noch mehr Professionalisierung. Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 hielt Trump bereits über 323 Wahlkampfveranstaltungen in 40 Bundesstaaten ab. Seit seiner Amtseinführung bis zu den Zwischenwahlen waren es über 60. Die Anzahl seiner Wahlkampfveranstaltungen und die Intensität der Auseinandersetzung führten zu einer großen Anzahl an Zuschauern, sowohl live vor Ort als über gestreamte Veranstaltungen. Ähnlich verhielt es sich bei seinen Kindern Ivanka und Donald Trump jr.. Ein wesentliches Ziel war nicht nur die Mobilisierung der Besucher vor Ort, sondern auch deren soziale Netzwerke zu erreichen. Nach den Ansprache nahmen sich die Redner noch mindestens 20 Minuten Selfie-Zeit, um die kommunikative Reichweite in die persönlichen Netzwerke der Teilnehmer über Whatsapp, Facebook oder Twitter zu erhöhen. Dadurch verbanden die Kampagnen Offline- und Online-Kommunikation mit Viralität.

Rally mit Donald Trump jr.

Die Midterms 2018 waren ein großes Experimentierfeld für die zukünftigen Wahlkämpfe und die Präsidentschaftswahl 2020. Es ging vor allem darum, Grenzen digitaler Strategien (beispielsweise Werbesättigung) zu identifizieren, den Einsatz und die Kombinationsmöglichkeit zwischen direkter Ansprache, Wahlkampfveranstaltungen und digitaler Werbung zu optimieren. Während digitale Wahlkampfkommunikation in Deutschland in den Kinderschuhen steckt, wird in den USA einzig und allein ein Wettstreit über Technologie- und Effizienzvorsprünge geführt. Bei aller Technologieeuphorie galt aber der alte Grundsatz: „Message over Mechanics“. Demokraten und Republikaner verstanden es mit kontroversen, emotionalisierenden Themen wie Identität, Grenzsicherung, Supreme Court-Richter Brett Kavanaugh oder Impeachments ihre Wähler zu mobilisieren.

Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2020 ist das Trump-Team optimistisch:  Sie haben einen Kandidaten, die Kampagneninfrastruktur in den Bundesstaaten ist aufgebaut und sie sind fleißig am Geld sammeln, während mindestens über 20 Demokraten um die Rolle des Herausforderers streiten werden. 

Der Artikel erschien auch in Politik&Kommunikation.

Going Private: SMS-Messaging in den Kampagnen

Going Private: SMS-Messaging in den Kampagnen

Heute schon getextet? Das neuste NewTech-Spielzeug der personalisierten Wähleransprache sind grossangelegte SMS-Kampagnen. Während die direkte E-Mailansprache bereits in den vorherigen Kampagnenzyklen eine große Rolle spielte, greifen die Wahlkämpfer bei den Midterms auf die Kommunikation durch SMS-Textnachrichten zurück.

SMS: Schnelle und direkte Kommunikation

Das Smartphone ist mittlerweile zum persönlichsten Kommunikationsinstrument geworden. Und jeden Tag textet man Freunden und Bekannten. Amerikanische Kampagnen nutzen das Instrument SMS-Texting für die politische Kommunikation.

Über Online-Plattformen oder mobile Anwendungen senden die Kampagnen individuelle und personalisierte Textnachrichten, um Wähler, Aktivisten und Spendern zu organisieren und zu informieren. Der Kontakt Mensch zu Mensch wird digitalisiert, personalisiert und schafft es unmittelbar auf den privaten Handybildschirm der Wähler. So erhielten am gestrigen Tag in Nevada über 150.000 Wähler Nachrichten von einer Senatskampagne, von denen deutlich über 90 Prozent geöffnet wurden. Gerade in der Schlussmobilisierung spielen sie eine durchschlagende Rolle.

Erfolgreiche Nachrichten und Konversationen per SMS

Demokraten und Republikaner nutzen die Möglichkeit in den Midterms 2018 intensiv und setzen beispielsweise die Dienste von Hustle und RumbleUp ein.

Die SMS kosten die Wahlkampagnen je nach der potentiellen Anzahl der versendeten Nachrichten:

  • kleine Kampagnen: 10-15cent pro Kontakt
  • große Kampagnen: 5-7cent pro Kontakt

Zwei Überlegungen leiten die Wahlkämpfer auf SMS zu setzen:

1. Schnellerer Kontakt und höhere Aufmerksamkeit.

In der Unübersichtlichkeit der elektronischen Postfächer gehen zahlreichen Emails unter und finden manchmal erst am nächsten Tag Beachtung. Ihre Öffnungsrate ist niedrig. Dagegen liegt sie bei SMS-Texten bei über 98%, und eine Kampagne wusste von 90% sogar innerhalb der ersten 3 Minuten zu berichten.

2. Mehr Glaubwürdigkeit durch Peer-to-Peer-Kommunikation

Im konstante Informationsüberfluss der digitalen Welt setzen die Kampagnen auf die virale Kraft emotionaler Textbotschaften. Es gibt nicht nur generische Informationen. Besonders die Kandidatenkampagnen rufen ihre Unterstützer auf, Peer-to-Peer-Texte einzeln von einem Menschen zum Anderen zu senden. Ohne vorherige Einverständniserklärungen gewinnt der persönliche Netzwerkgedanke so an Bedeutung. Dagegen ist die Responserate bei generischen politischen Spam-Mails eher niedrig.

Kampagnen setzen SMS-Texting sehr unterschiedlich ein. Die Demokraten nutzen SMS eher für das organisieren, während die Republikaner sie strategisch für die Mobilisierungsbotschaft nutzen. Einige Anwendungsbeispiele:

  • Voter Reminders (Dates for Voter Registration, Election Day)
  • Event and Meeting Reminders
  • Invitations for Rallies and Fundraisers
  • Volunteer Coordination
  • Campaign News and Election Updates
  • Vote-by-Mail Messages
  • Media Relations
  • Staff Communications

Intensiver Kontakt nach Aufmerksamkeitsfenstern

Die Wahlkampagnen nutzen die SMS-Nachrichten zugeschnitten auf die einzelnen Wahlkreise und konzentrieren sich auf wahlkampfrelevante Aufmerksamkeitsfenster: Early Vote, Abwesenheits-Push / Chase, Event-Turnout, Fundraising und Get Out The Vote. Es ist keine Seltenheit, dass eine Kampagne 5-7 Nachrichten an Wähler sendet. Zum Beispiel nutzte die Kampagne von Bernie Sanders während der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 P2P-SMS, um mit Wählern in Kontakt zu treten und Unterstützer zu ermutigen, Kundgebungen mit dem Kandidaten zu besuchen.

Gute Texte sind auf die Zielgruppe und Kampagne zugeschnitten. (Bewegt-) Bild und persönliche Botschaften helfen bei der effizienten Adressierung und dringen durch den medialen Lärm. Anhand von vorgefertigten Texten können die Freiwilligen oder Unterstützer schnell reagieren. In den nächsten Tagen kommt es zu Erinnerungs-SMS für den Wahltag und die Kampagnen verweisen auf eine potentielle Steigerung der Beteiligung um mehr als 2 Prozentpunkte.

Fundraising mit Textnachricht

Fundraising per SMS

Mit großer Geschwindigkeit und Leichtigkeit können Unterstützer einfach per Textnachricht an politische Kampagnen spenden. Neben bloßen Aufforderungen zu spenden, gehört „Text-to-Donate“ wahrscheinlich zu den größten Neuerungen im Fundraising. Der Anbieter Anedot ermöglicht es registrierten Spendern, auf einen Text mit „JA“ und dem Betrag zu antworten und so automatisch zu spenden. Unmittelbar wird eine Quittung erstellt und per E-Mail zugestellt. Falls man nicht registriert ist, kann mit einem persönlichen Spendenlink geantwortet werden.

Mario Voigt analysiert internationale Wahlkämpfe und befindet sich momentan auf Wahlkampfbeobachtung in Nevada, Virginia und Washingston D.C. , wo er republikanische und demokratische Kampagnen interviewt.

Midterms 2018: Trends in Digital Campaigning

Midterms 2018: Trends in Digital Campaigning

Die digitale Revolution in der Wähleransprache in den USA hält an. War die Präsidentschaftswahlen durch digitale Wählersegmentierung und Cambridge Analytica geprägt, wächst die digitale Werbung und digitale Anspracheformen im Wahlkampf der Midterms unaufhaltsam. Was sind die neusten Entwicklungen im digitalen Campaigning in den USA?

Nach dem Präsidentschaftswahlkampf 2016 verschärften Facebook, Google und Twitter ihre Richtlinien für politische Akteure und Werbung in den USA. Dennoch setzen die amerikanischen Kampagnen unvermindert auf den digitalen Transformation in der Wähleransprache. Die organische Reichweite in sozialen Netzwerken schrumpft, die Bedeutung der Präsenz im digitalen Raum wächst und in der Konsequenz steigen die digitalen Werbebudgets. Diese Entwicklung führte auch bei der Bundestagswahl zu einem intensiven digitalen Wahlkampf.

In knapp zwei Wochen wählen ein Großteil der Amerikaner am 06. November ihre Gouverneure, Senats- und Houseabgeordnete. In einer Mini-Serie berichte ich vor Ort von den neusten Trends. Im ersten Teil geht es um die wachsende Bedeutung digitaler Werbung.

20 Prozent des Kampagnenbudgets geht in digitale Werbung

2018 U.S. Political Ad Spending by Medium Barroll 2018

Die USA sind das Land des Fernsehens. Weiterhin. Und so dominiert auch weiterhin die Werbung auf den Kabelkanälen und ausgewählten Nischenkanälen. Schätzung von Borrell Associates rechnen mit rund 8,9 Milliarden US-Dollar, die für politische Werbung in den Midterms ausgegeben werden. Davon entfallen auf TV ungefähr die Hälfte der Ausgaben. Doch der schnellst wachsende Anteil des Werbebudgets fließt in digitale Medien! Rund 1,8 Milliarden US-Dollar und damit 20% des Gesamtbudgets werden von politischen Akteuren für die Midterms auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene für digitale Kommunikation ausgegeben. Social Media macht mittlerweile einen Großteil von politischen Kampagnen in den USA aus und wird darüber hinaus zur ständigen Kontaktpflege mit dem Wähler genutzt.

Priotities USA Action Mission

Zum Beispiel fließt das Mediabudgets des größten Super PAC der Demokraten „Priorities USA Action“ von 50 Millionen US-Dollar ausschließlich in digitale Werbung, ein Großteil davon auf Facebook und Google. Die Demokraten setzen darauf, dass immer mehr Menschen online nach Informationen suchen und dort mehr und mehr Zeit verbringen. Wer mit dem Wähler kommunizieren will, muss online gehen!

Generatives Targeting bei den Midterms

Ein Grund für den deutliche Beschleunigung der digitalen Werbung: Der Generation-Gap zwischen den sogenannten Millennials und den Baby Boomern wächst und fordert eine klare generative Targetingstrategie. Die Millennials überholen die Baby-Boomer als zahlenmäßig größte Generation der amerikanischen Wählerschaft. Beide Parteien brauchen sie zum Wahlerfolg. Amerikanische Kampagnen sind überzeugt, ihre Zielgruppen nach Generationenkohorte aufzuteilen, um Wählersegmente mit ähnlichen Lebenserfahrungen, Werten und Idealen zu finden und mit einer relevanten Botschaft anzusprechen. Dabei geben ihnen soziale Plattformen weitere Selektions- und Segmentierungsmöglichkeiten. Besonders die Demokraten sehen jüngere Wähler als Schlüssel, um die Mehrheit im Kongress zu erreichen und in engen Gouverneurswahlkämpfen zu siegen. Doch sie sind ein scheues Wesen: Bei der Präsidentschaftswahl 2016 gab nur die Hälfte der wahlberechtigten Millennials ihre Stimme ab, und etwas mehr als ein Fünftel waren es bei den letzten Zwischenwahlen 2014.

NextGen Kampagne

Mit einer umfänglichen Kampagne von NextGen America sollen 4,3 Millionen jüngere Wähler in 11 Battle-Ground-Staaten zur Wahl bewegt werden. Sie setzen neben neuartigen technologischen Segmentierungen vor allem auf eine Botschaft eines generatives Gemeinschaftsgefühls. „Ihr seid viele und müsst euren Themen und Ideen Gehör verschaffen“. Insgesamt umfassen die Kampagnen von NextGen America 33 Millionen Dollar- investiert in Anzeigen auf Facebook, Instagram bis zum Video-Streaming-Dienst Hulu und Twitch. In ihrer Jungwähleransprache setzen sie auf generatives Targeting und geben keinen Cent für Fernsehwerbung aus.

Digitale Experimente für die nächste Präsidentschaftswahl

Die Midterms 2018 gelten als Experimentiermöglichkeit für zukünftige digitale Wahlkämpfe und die Präsidentschaftswahl 2020. Es geht vor allem darum, Grenzen digitaler Strategien (beispielsweise Werbesättigung) zu identifizieren und den Einsatz digitaler Werbung effizienter zu gestalten. Während digitale Wahlkampfkommunikation in Deutschland in den Kinderschuhen steckt, wird in den USA einzig und allein ein Wettstreit über Technologie- und Effizienzvorsprünge geführt. Kandidaten nutzen die Midterms, um nicht nur im eigenen Wahlkreis, sondern bundesweit Daten zu sammeln, Anzeigen zu testen und zu analysieren.

Ted Cruz Digital Fundraising

Potentielle Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen nutzen ihre digitalen Werbe- und Aktivierungsanstrengungen bereits im Hinblick auf das Wahljahr 2020. Ted Cruz konzentrierte sich auf eine nationale digitale Werbekampagne, um Präsident Trump 2020 möglicherweise herauszufordern. Momentan muss er aber gegen den Fundraising Shooting-Star und demokratischen Herausforderer Beto O’Rourke ums politische Überleben kämpfen. Bis Ende Juni gab O’Rourke fast 5 Mio Dollar für digitale Werbung aus und führt die digitale Kampagnenfähigkeit unter einzelnen Kandidaten an. Dagegen testet und experimentiert der Präsident im Digitalen. Trump bleibt einer der größten digitalen Player. Er führt eine permanente digitale Kampagne mit Blick auf das Präsidentschaftswahljahr 2020 an. Das Zentrum für Responsive Politics hat die digitalen Ausgaben seiner Kampagne bis zum 30. Juni auf 8,6 Millionen US-Dollar geschätzt. Die demokratische New Yorker Senatorin Kirsten Gillibrand gab bis August 1,5 Millionen Dollar für Facebook-Anzeigen aus – nur etwa 9% konzentrierten sich auf Gillibrands Heimatstaat.

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