Wie tickt das digitale Deutschland 2018?

Wie tickt das digitale Deutschland 2018?

Jeder zweite Mensch auf der Welt ist mittlerweile online. Auch die Deutschen lieben das Internet. Die Digitalisierung greift um sich, vernetzt und führt zu täglicher Onlinekommunikation. Täglich verbringt ein Deutscher fünf Stunden, oder – zieht man den Schlaf ab – rund ein Drittel seiner Tageszeit dort zu. Doch die Deutschen bleiben Skeptiker und sehen die Digitalisierung risikoreich. Ein ambivalentes Bild für das digitale Deutschland.

Im „Online-Deutschland“ verbringen über 75 Millionen Bürger täglich 365 Millionen Stunden im Netz. Während die neue GroKo die Digitalisierung voranbringen will, zeichnet der Global Digital Report 2018 von We Are Social und Hootsuite ein faszinierendes Bild der digitalen Kommunikation in Deutschland. Fünf wesentliche Erkenntnisse lassen sich zusammenfassen.

1. Deutschland ist ein digitales Skeptikerland

Die Studie zeigt, dass die Deutschen eines der aktivsten Internetvölker sind: kommunizieren, shoppen und arbeiten. Dennoch bleiben sie digitale Skeptiker. Nur ein Drittel der Bevölkerung schätzt die Chancen der Digitalisierung größer als die Risiken ein. Im Ranking des digitalen Optimismus‘ stehen ganze 37 Länder vor Deutschland, darunter nicht nur Entwicklung- sondern Spitzenländer! Während die Arbeit immer digitaler wird, sorgen sich die Deutschen um Datenschutz und Privatsphäre. So setzt fast jeder zweite Deutsche auf auf Ad-Blocker und löscht Cookies.

Standpunkt zu digitalen Technologien in Deutschland

Der digitale Optimismus ist in anderen Ländern deutlich höher ausgeprägt.

Die deutsche Skepsis verwundert, tickt Deutschland in seiner Nutzung doch digital.

2. Mobile First: Internet geht übers Handy

Mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung besitzen ein Handy, und die meisten Menschen nutzen mittlerweile ein Smartphone. Das Smartphone entwickelt sich auch in Deutschland zunehmend zum primären Online Device: 60 Millionen Deutsche nutzen mobiles Internet und 30 Millionen Deutsche Social Media via Mobile! Im letzten Jahr nahm der Webtraffic um 27% zu und steigerte sich auf 37% insgesamt. Im weltweiten Vergleich, hat das Smartphone (52%) den Laptop (43%) als online device bereits abgelöst.

Der Anteil von Handys am Internet dürfte wahrscheinlich sogar noch höher liegen, da Nutzer im Vergleich zu mobilen Webbrowsern jetzt sieben Mal länger mit mobilen Apps unterwegs sind. Die neuesten Daten von Facebook bestätigen das Ergebnis: Nur 5 Prozent der weltweiten Nutzer der Plattform greifen nicht über ein mobiles Gerät auf die Plattform zu.

Internationaler Digital-Vergleich

3. Connected world: Alle zehn Minuten startet ein Deutscher sein Social Media Leben

Weltweit nutzten im letzten Jahr fast 1 Million Menschen jeden Tag zum ersten Mal soziale Medien – das entspricht mehr als 11 neuen Nutzern pro Sekunde. Auch die Deutschen lieben Social Media. Mit 38 Millionen aktiven User ist fast jeder zweite Deutsche in Social Media aktiv. Und die Anzahl der Nutzer wächst an. Im vergangenen Jahr konnten sich 5 Millionen Deutsche erstmals für Social Media begeistern, was alle zehn Minuten ein neues Social Media Profil bedeutet.

4. Youtube, Messenger und Facebook: Digitale Kommunikation auf dem Marktplatz und im Hinterzimmer

Je stärker die Kommunikation sich digitalisiert, umso ausgefeilter werden die Wege. Die dominierende Plattformen in Deutschland sind Youtube, Messenger und Facebook. Während „Facebook“ weltweit die meisten Social Media Nutzer verzeichnet, ist „YouTube“ die Nr. 1 in Deutschland. Knapp 70% der befragten 16-64jährigen nutzen diese Plattform noch vor WhatsApp (65%), Facebook (60%), Facebook Messenger (35%). Gerade bei Youtube und Facebook geht es um öffentliche Sichtbarkeit. Allerdings gehen Direktheit und Reichweite verloren. Bereits 41% der deutschen Facebookpages nutzen Paid Media. Insgesamt ist ein Drittel der Reichweite auf Facebook erkauft! Es verwundert also nicht, dass direkte Kommunikationswege und digitale Hinterzimmer zunehmen. Beleg dafür ist das schnelle Wachstum der Messenger. WhatsApp und Facebook Messenger im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zulegten und die Messengisierung wird weiter gehen.

Meistbenutzte Social Media Plattformen in Deutschland

 

 

 

 

 

5. Deutschland: 2/3 shoppen online 

Die Digitalisierung belebt E-Commerce und deren Werbung. Fast zwei Drittel der Deutschen kaufen regelmäßig online ein (insgesamt knapp 51 Millionen). Sie setzten dabei Waren im Wert von 63,45 Milliarden Dollar um. Dies entspricht jährlichen Steigerungsraten von um die 10%. Insgesamt kauft jeder Deutsche jährlich für 1.250 Dollar Online Konsumgüter ein. Und das hat Auswirkungen auf die Werbung: Noch vor Plakat und Print ist die Onlinewerbung das zweiteffektivste Werbemittel.

E-Commerce Details Deutschland

 

 

 

 

 

Die gesamte Studie mit dem Schwerpunkt auf Europa finden Sie hier.

Zwei Trends für Public Affairs 2018

Zwei Trends für Public Affairs 2018

Vier Monate nach dem Wahltag und immer noch keine Klarheit. Doch selbst wenn sich die Regierung findet, zeigen die Verhandlungen um Groko und Jamaika wie wankelmütig und disruptiv Politik in Deutschland geworden ist. Doch was heißt das für die Zukunft von Public Affairs?

Unternehmen, Gewerkschaften, Agenturen und NGOs können sich nicht mehr sicher sein, was gilt. Heute gefeierte Kanzlerin schon morgen Auslaufmodell, heute einstimmiges Sondierungsergebnis und morgen schon wieder Verhandlungssache. Wer will da eigentlich noch auf sachbezogene Interessenvertretung setzen? Es bleibt nur der beständige, öffentliche kommunikative Dauerdruck. Ab 2018 gilt: Herzlich willkommen im deutschen Zeitalter der Permanent-Kampagne. Always On!

Wer in diesem Umfeld bestehen will, den werden zwei Trends in 2018 beschäftigen:

1. Digital Campaigning und Stakeholder-Kommunikation: Echtzeit und Transparenz

Die digitale Kampagnefähigkeit wird deutlich wachsen. In der Hochgeschwindigkeit des Internet-Zeitalters beschleunigt sich die Kommunikation: Inhaltliche Reaktionen erfolgen in Echtzeit, Veranstaltungen werden live gestreamt und Kommentierungen geschehen in kurzen Videobeiträgen. Communities vermischen sich im Digitalen – Youtube Influencer interviewen Politiker, steigen in die politische Debatte ein und erweitern so ehemals unterschiedliche Fanbases. Twitter wird nicht der alleinige King der deutschen Public Affairs Community bleiben.

Die Wendung der politischen Kommunikation und deren Akteure hin zur Echtzeitkommunikation auf unterschiedlichen Plattformen führt zu einer wachsenden Sichtbarkeit von politischen Debatten und Inhalten. Nun wird man beobachtet – nicht nur von den Wettbewerbern, sondern auch von den Medien. Das Zwischenstände aus Sondierungsrunden getwittert werden, kann man wahlweise als erhöhte Transparenz oder als undichte Vertraulichkeit sehen. Public Affairs Arbeit wird diesen digitalen Marktplatz nicht mehr verlassen können.

Das führt zu größerem öffentlichen Diskurs über Meinungen und Positionen, Facts und Figures. Gut gemachte Inhalte als Sharepics, Bewegtbild oder synthetisierte Informationen gewinnen an Macht, da sie schnelle Verbreitung in der Community finden. Events und Briefings werden in Echtzeit oder kuratiert an die Nutzer weitergegeben. Die Inhalten und Kommunikationsstrategien werden sich der Darstellungs- und Hierarchisierungslogik der Algorithmen anpassen, der Videos und Live begünstigt. Dabei ändert sich auch die klassische Narrativlogik. Botschaften müssen frühzeitig platziert werden, bevor der Nutzer schon wieder weiterklickt.

Wirkmächtiger werde die Public Affairs Akteure, die aus der Anonymität der Kommunikation in die Mitte des digitalen Marktplatzes treten. Es kommt zu einer Personalisierung auf den wichtigen digitalen Plattformen, wo man Gesicht zeigen muss, um an der politischen Diskussion langfristig mitwirken zu können. Gelingt dies, ist einem die Gewinnung einer eigenen Fanbase und erhöhter Reichweite aka Einfluss gewiss. Daher entstehen neue Instrumente der Zusammenarbeit und Interaktion.

In dieser erweiterten Transparenz gewinnen das Denken in Campaigning und neue Allianzen an Bedeutung. Durch die öffentliche Debatte entstehen bei bestimmten Themen neue Ad hoc Allianzen und teils unfertige Positionen werden unter Einbeziehung der politischen Akteure vervollständigt. Dem Kritiker an der eigenen Position wird man Platz auf der eigenen Plattform einräumen, um Glaubwürdigkeit für die eigene Sichtweise zu gewinnen. Die strategische Planung solcher Prozesse wird enorm zunehmen, will man nicht gegen kleinste Nische-Spieler mit aggressiven und kontrastierenden Botschaften unterliegen. Es ist auf dem digitalen wie auf dem analogen Marktplatz gleich – manchmal weiß man ohne genauen Einkaufszettel nicht, womit man nachhause kommt.

2. Motivation und Mobilisierung der Fanbase: Betroffene zu Beteiligten machen

In der digitalen Transformation gewinnt die Aktivierung von Kunden, Mitarbeitern und Freiwilligen. Für die zukünftige kommunikative Deutungshoheit ist die Einbindung der Fanbase bedeutend. Die Themen sind vielfältig: ob als Metallindustrie gegen die 28-Stunden-Woche zu streiten,  als NGO für mehr Klimaschutz zu werben oder sich als Patienten für einen Nationalen Diabetes Plan zu engagieren – Betroffene suchen transparente Beteiligungsformen. Aktive Teilhabe, direkte Bürgerbeteiligung, stärkere Interaktion und einen Call-to-Action: es geht um orts-, zeitungebundenes und virtuelles Engagement. Doch dafür müssen sich Public Affairs Akteure und Kommunikatoren mehr einfallen lassen als nur die Webseite und das Großflächen-Plakat. Der BDI bekam die fehlende Kampagnefähigkeit bei ihrer Werbekampagne für TTIP zu spüren, die nichts gegen mehr als 100.000 Demonstranten in Berlin ausrichten konnte. Doc Morris probte schon mal das Aktivierungspotential chronisch Kranker im Vorfeld der Bundestagswahl 2017, wo über 100.000 Postkarten an Mitglieder des Bundestages gingen.

In Zeiten kampagnenmäßiger Kommunikation sind moderne Ansätze von Aktivierung, Motivation und Gamification die Antwort. Connect17 mit seinen 1,1 Mio. Tür-zu-Tür-Kontakten war erst der Anfang.

Doch dafür müssen Unternehmen, Gewerkschaften, Verbände und Parteien besser die Motivation Mitarbeiter, Freiwillige oder Kunden verstehen. Dort schlummert die Kraft der Überzeugung. Wer die Betroffenen zu Beteiligten macht, wird eine kommunikative Stärke ausspielen können. Im Zeitalter der digitalen Transformation bedeutet dies, auf die Kraft von Motivation und Gamification zu setzen. Mit der Anwendung der Psychologie des Spiels in realen Kampagnen werden Mitarbeiter, Freiwillige oder Kunden aktiviert. Das kontinuierliche Mobilisierungssignal wird weiter wachsen und findet seine Unterstützung in Gamification-Elementen, die eine spielerische Verbindung zwischen Kampagnen und der Fanbase aufbaut. Wenn Mitglieder und Unterstützer für analoge oder digitale Aktivitäten wie Tür-zu-Tür oder Social Media Posts mehr Status, Punkte oder Prämien erhalten, beginnt ein individueller Wettbewerb, der mehr Teilhabe und Engagement schafft. Die Fanbase wächst und steigert langfristig die Kampagnenfähigkeit und den Public Affairs Erfolg.

Digitales Deutschland? Drei Empfehlungen für digitale Infrastruktur

Digitales Deutschland? Drei Empfehlungen für digitale Infrastruktur

Kann die Koalition auf die Zukunftsfragen der digitalen Infrastruktur überzeugende Antworten geben? Deutschland steht für höchsten Technologiestandard. Beim Internet sind wir löchrig wie ein Schweizer Käse.

Digitales Entwicklungsland

Unsere Infrastruktur- und Kompetenzbasis ist eine der besten der Welt. Dennoch landet die Bundesrepublik wenn es um die digitale Entwicklung geht beim Network Readiness Index des World Economic Forum nur hinter Ländern wie Singapur, Finnland, Schweiz, Schweden, Israel, den Niederlanden oder den Vereinigten Staaten auf Platz 15 von 139 verglichenen Ländern.

Deutschlands digitale Infrastruktur besteht aus einer Vielzahl von Netzwerken und Technologien. Den Aufbau prägt ein Mix aus fester und drahtloser digitaler Infrastruktur. Der Bedarf an Bandbreiten im Gigabit-Bereich für Unternehmen und Bürger wächst beständig. Beim Ausbau moderner Glasfaserverbindungen liegt Deutschland mit knapp 1 Prozent schneller Glasfaserverbindungen an allen Breitbandanschlüssen deutlich zurück. Gerade der geringe Anteil ist auch Grund dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich beim Ausbau der Internetgeschwindigkeit zurückfällt. Nach Berechnungen des TÜV Rheinland sind ungefähr 90 Milliarden Euro erforderlich, um Deutschland flächendeckend mit Glasfaser zu verkabeln.

Deutschland im Network Readiness Index (Quelle: WEF, 2016)

Bis zum Jahr 2021 wird der weltweite Internet-Traffic 127-mal größer sein als im Jahr 2005. In den nächsten fünf Jahren wird er sich im Verhältnis zu 2017 verdreifachen. Das Volumen der mobilen Breitbanddaten wächst ebenso rasant an und steigerte sich in den OECD-Ländern zwischen 2014 und 2015 um 71 Prozent. Die Nutzer wechseln nahtlos zwischen festen und mobilen Verbindungen hin und her. Da die festinstallierte Breitbandinfrastruktur das Rückgrat für die mobilen Angebote darstellt, müssen beide Technologien gemeinsam entwickelt werden.

Digitale Spaltung muss Koalition beenden

Eine zentrale Gelingensbedingung für die digitale Transformation ist der flächendeckende Ausbau mit schnellem Internet in allen Landesteilen Deutschlands, das für alle zugänglich ist und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen. Die Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsinternet in allen Landesbereichen ist die zentrale Frage bei der Entwicklung der Gigabit-Gesellschaft. Gerade hier mangelt es Deutschland.

Häufig sehen private Unternehmen Investitionen im ländlichen Raum als weniger attraktiv an. Lange Leitungswege, eine geringe Siedlungsdichte und mangelnde Verfügbarkeit von nutzbarer Infrastruktur können zu einem negativen Deckungsbeitrag führen und erklären die derzeitigen „weißen Flecken“ auf der deutschen Breitbandkarte . So ist aktuell eine Breitbandverfügbarkeit mit mehr als 50 Mbit/s im ländlichen Raum nur mit 36,2% gewährleistet. Im Vergleich ist ähnlich schnelles Breitband mit 90,3% in städtischen Gebieten vorhanden . Während eine Reihe von Regionen die technischen Grundlagen für den digitalen Wandel aus eigener Kraft schafft, sind andere Regionen strukturell schwächer entwickelt und benötigen mehr Unterstützung. Mehr als die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland besitzen eher schlechte Digitalisierungschancen.

Aktuelle Breitbandverfügbarkeit in Deutschland – TÜV Rheinland (Stand Mitte 2017)

Die Lücke bei der digitalen Infrastruktur bleibt eine hartnäckige Herausforderung. Zumal der Rechtsrahmen den Ausbau in unterversorgten Gebieten erschwert, weil veraltete technologische Standards (Kupfer, Vectoring) und die Möglichkeit des Überbaus von neuen Technologien Investitionen in flächendeckende moderne Infrastruktur hemmen. Deutschlands feste Breitbandpreise sind dadurch im internationalen Vergleich zu hoch und steigen. Die Bundesregierung hat erst spät mit dem DigiNetz-Gesetz versucht, gegenzusteuern.

Deutschlands zukünftige technologische Marktführerschaft wird auch davon abhängen, den erfolgreichen Einstieg in die Gigabitgesellschaft zu erreichen. Die bisherigen Ausbauphasen offenbarten mangelnde Koordination, technologische Klarheit, wettbewerbsrechtliche Hürden und eine finanzielle Unwucht. 

Drei Handlungsempfehlung für eine digitale Infrastruktur

Investitionen in die Infrastruktur verringern Unterschiede zwischen den Regionen. Anspruch einer Smart Nation sollte sein, dass jede Gemeinde eine Ausfahrt von der Datenautobahn erhält.

Bundesweite flächendeckende Gigabitinfrastruktur aus Glasfaser und 5G.

Der Breitbandausbau ist das wichtigste Infrastrukturprojekt der nächsten Legislatur. Deutschland setzt als modernes Land auf Glasfaser. Lediglich Netze auf Glasfaserbasis vermögen langfristig den wachsenden Bedarf nach sehr hohen Bandbreiten jenseits der 50 Mbit/s befriedigen zu können  . Es sollte überall in Deutschland bis zu jeder Haustür reichen und das in der „Digitale Strategie 2025“ des Bundeswirtschaftsministeriums formulierte Ziel bis 2025 nur ein Mindestziel sein. Die Bundesregierung sollte konkrete Ausbauziele und Maßnahmen für die Legislaturperiode bis 2021 formulieren. Die öffentlichen Förderprogramme sind entsprechend des notwendigen Investitionsvolumen eines flächendeckenden Glasfaserausbau Fiber to the Home (FTTH) anzupassen (BMWi 2016) oder durch die (Teil-) Privatisierung der Deutschen Telekom ko-zufinanzieren.

Echte Potentiale ergeben sich durch die Einführung der fünften Mobilfunkgeneration (5G). Deutschland hat die Chance, als Innovationsführer bis 2025 ein hochleistungsfähiges 5G-Netz bereitzustellen und zum Leitmarkt für 5G-Anwendungen werden. Dazu sind zügig weitere Frequenzen auf dem Markt bereitzustellen und die Erlöse aus deren Versteigerung in den Glasfaserausbau fließen zu lassen. Mobilfunk-Basisstationen sind mit leistungsfähiger Glasfaser anzubinden und Best Practice in den Kommunen zu schaffen.

Wir sprechen uns für eine zentrale Koordination der Kompetenzen für den Breitbandausbau und dessen Finanzierung aus. Der Breitbandausbau vollzieht sich grundsätzlich im Wettbewerb, worin kommunale Unternehmen gleichberechtigte Marktteilnehmer sind. Häufig engagieren sie sich über eine rein marktwirtschaftliche Motivation hinaus für die Region. So investierten allein 2016 rund 150 kommunale Unternehmen im Breitbandausbau über 1 Mrd. Euro. Die Wettbewerbskonzeption des Bundes ist daher stärker als bisher auf Investitionen, Innovation und Wachstum auszurichten. Kommunale Unternehmen sollten im gleichen Umfang wie andere Marktteilnehmer auf Förderprogramme des Breitbandausbaus zurückgreifen können.

Kluge Förderpolitik und rechtliche Regeln

Vor allem in gering besiedelten, ländlichen Regionen ist die Herausforderung groß, einen leistungsfähigen und auch bezahlbaren Internetzugang sicherzustellen. Wo der Wettbewerb an seine Grenzen stößt, sollten die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen unternehmerische, volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen in Einklang bringen, bspw. um Doppelausbau zu vermeiden oder interkommunale Kooperationen zu befördern. Sowohl die Bundesnetzagentur als auch das Bundeskartellamt bescheinigen dem Breitbandmarkt derzeit einen zu geringen Wettbewerb, da hohe Fixkosten und hoher Kapitalbedarf prinzipiell den Marktzugang erschweren.

Eine Zugangsregulierung seitens der Bundesnetzagentur findet zwar statt, indem die Telekom als Netzinhaber angewiesen wird, das Netz den Konkurrenten zu öffnen. Dies geschieht jedoch nur nach Prüfung im konkreten Einzelfall. Will der schnelle Breitbandausbau gelingen, muss der eigenwirtschaftliche Ausbau geschützt und der mögliche Überbau verhindert werden (von Glaserfaser durch Vectoring). Mit einem großangelegten Förderprogramm sollte in Deutschland ausschließlichen der Glasfaserausbau gefördert werden. Der vom Bund geplante Wettbewerb für Kreise, Städte und Gemeinden ist mit ausreichenden Mitteln auszustatten, um mit konkreten Ideen Smart Region zu erproben.

Mit Digital Switch Potentiale im Kabelnetz schnell heben

Deutschland nutzt nicht alle Potentiale des schnellen Aufbruchs in die Gigabit-Gesellschaft. Besonders auf Länderebene existieren in den Digitalisierungsstrategien Lücken, wenn es um den Infrastrukturausbau geht. Es reicht nicht aus, nur nach immer neuen Bundesförderprogrammen zu streben. Vielmehr gibt es im Bereich der Analog-Abschaltung in den Kabelnetzen durchaus Potentiale in den Ländern. Die Beendigung der analogen Verbreitung und den Einsatz des neuen Datenübertragungsstandards DOCSIS 3.1 würden immense Kapazitäten in den Netzen freisetzen, die für Gigabit-Internet zur Verfügung stünden. Über TV-Kabelnetze sind dann Datenübertragungsraten von bis zu 10 GBit/s im Downstream und 1 GBit/s im Upstream möglich; perspektivisch sogar mit symmetrischen Übertragungsraten im zweistelligen Gigabit-Bereich.

 

Der Beitrag ist Teil der Studie „Digital. Kommunal. Deutschland. Smart Nation durch Smart Regions.“

Koalition der digitalen Mutlosigkeit oder Zukunftskoalition? Fünf Punkte

Koalition der digitalen Mutlosigkeit oder Zukunftskoalition? Fünf Punkte

Jetzt gehen sie los die Koalitionsverhandlungen. Doch besitzen die Koalitionäre die Kraft, die Zukunftsfragen Deutschlands anzugehen? Besonders die Antworten auf die digitale Disruption wird entscheiden, ob wir eine Koalition der Mutlosigkeit oder Zukunftskoalition sehen. Fünf Punkte sind wichtig.

Was wollen Union und SPD eigentlich?

Während in Seattle gerade der erste Amazon Go Store eröffnete und Menschen vollkommen autonom shoppen, in Estland mit seiner X-Road der Bürger über 2000 Dienstleistungen direkt digital erledigen kann oder in Saudi-Arabien gerade der Roboter „Sophia“ mit KI zum Staatsbürger wurde, begrenzen sich die Wahlprogramme von Union und SPD in ihrer Phantasie:

Konkret fordert die Union:

  • Die Schaffung der Position eines „Staatsministers für Digitalpolitik“ im Bundeskanzleramt und eines „Nationalen Digitalrats“
  • Die Errichtung einen „Gigabit-Gesellschaft“ mit flächendeckend modernem Glasfasernetz bis 2025 und die Etablierung Deutschlands als Leitmarkt für den neuen 5G-Mobilfunk (als Schlüsseltechnologie der digitalen Transformation)
  • E-Gouvernement um Behördengänge vereinfachen (elektronisches Bürgerportal und elektronisches Bürgerkonto)
  • Ausbau Industrie 4.0: Start-Ups unterstützen, neue Technologien und Produktionsverfahren, neue Arbeitsplätze und Arbeitszeitmodellen (bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf), Verabschiedung eines Datengesetzes
  • Digitaler Verkehr: Vernetzung des Verkehrs (Staureduzierung), autonomes Fahren
  • Bildungspolitik: erforderliche Ausstattung der Schulen, Vermittlung digitaler Kompetenzen
  • E-Health: Telemedizin (kürzere Wartezeiten in Arztpraxen, verbesserte und schnellere medizinische Versorgung im ländlichen Raum und gezieltere Diagnosen des Krankheitsbildes sowie optimierter Therapieansätzen)

Bei der SPD heißt es:

  • Bildungspolitik: Digitale Bildung muss Gegenstand von Schul- und Unterrichtsentwicklung sein, qualitativ hochwertige Online-Lernangebote an den Hochschulen entstehen, damit das Studium zunehmend orts- und zeitflexibel möglich wird, Ausstattung der Hochschulen, offenen Kanäle für wissenschaftliche Kommunikation und Publikation fördern (Open Access)
  • Arbeitsmarkt: Forderung einer Ausbildungsstrategie für die Arbeitswelt 4.0, Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes, regelmäßige Weiterbildung, mehr selbstbestimmte Arbeitszeitgestaltung
  • Datenschutz: Schaffung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes, Situation der Urheber verbessern
  • Flächendeckendes schnelles Internet (Glasfaser): „Breitband für alle“ => bis 2025 eine der modernsten digitalen Infrastrukturen in Deutschland
  • Für digitale Ausrüstung sollen kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten
  • Digitalisierung in der Verwaltung
  • E-Health: Telemedizin

Die digitalen Zukunftsfelder liegen bei Digitaler Bildung, wo es Anspruch sein muss, jede Schule ans schnelle Internet anzuschließen und die Lehrpläne deutschlandweit digital fit zu machen. Sie liegen in der Gesundheitspolitik, wo wir verbesserte und schnellere medizinische Versorgung im ländlichen Raum und gezieltere Diagnosen des Krankheitsbildes sowie optimierter Therapieansätzen schaffen können. Auch der Ausbau von Industrie 4.0 mit neuen Technologien und Produktionsverfahren, veränderten Arbeitsplätze und Arbeitszeitmodellen diskutieren wir.

Doch will Deutschland im internationalen Vergleich aufholen und soll der digitale Aufbruch gelingen, sind fünf Punkte Voraussetzung:

Deutschland wird Gigabit-Gesellschaft

Deutschland steht für höchsten Technologiestandard. Beim Ausbau moderner Glasfaserverbindungen liegt Deutschland jedoch mit knapp 1 Prozent schneller Glasfaserverbindungen an allen Breitbandanschlüssen deutlich zurück. Anspruch einer Smart Nation sollte sein, dass jede Gemeinde eine gut ausgebaute Ausfahrt von der Datenautobahn erhält. Deutschland wird Gigabit-Gesellschaft durch Glasfaser und 5G mit einer erstklassigen und leistungsstarken Infrastruktur. 

Lediglich Netze auf Glasfaserbasis vermögen langfristig den wachsenden Bedarf nach sehr hohen Bandbreiten jenseits der 50 Mbit/s befriedigen zu können. Der Breitbandausbau ist das wichtigste Infrastrukturprojekt der nächsten Legislaturperiode: Ein echtes Infrastrukturziel Glasfaser. Alle rechtlichen und regulatorischen Maßnahmen und auch Förderprogramme müssen auf dieses Ziel hinwirken und Investitionen in den Glasfaserausbau bis in die Wohnung und bis in die Unternehmen forcieren. Auch für ein leistungsfähiges 5G-Netz, das die Glasfaseranschlüsse bei mobiler Nutzung ergänzt, ist eine Glasfaseranbindung der Antennen unabdingbar.

Nationale Digital-Strategie statt Klein-Klein.

Internationale digitale Spitzenreiter machen es vor; man braucht einen Gesamtansatz, damit alle in die gleiche Richtung ziehen. Deutschland ist ein Land der unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Es gibt Champions in ländlichen Regionen und städtische Schlafmützen, wie auch Smart Cities und weiße Flecken im ländlichen Raum. Es gibt wirtschaftlich starke und schwache, demographisch wachsende und schrumpfende Regionen, die munter nebeneinander existieren.

Der Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse bleibt auch in Zeiten des Megatrends Digitalisierung. Deswegen sollten wir auch nicht vergessen, wo Bürger den Staat häufig als erstes erleben – in ihrem unmittelbaren Wohn- und Arbeitsumfeld. Ob Wasser fließt, es Strom gibt, der Müll abgeholt wird, der Bus fährt – 24/7 Zuständigkeit findet in der Daseinsvorsorge statt. Die Bundesregierung sollte eine kohärente Vision für eine Smart Nation-Strategie entwickeln, die als Schwerpunkt eine Smart Region-Strategie mit Beteiligung wesentlicher Stakeholder und Fokus auf Daseinsvorsorge 4.0 enthält. Die Kompetenzen für die Digitalisierung sind sowohl bei den Bundesministerien als auch bei den Bundesbehörden zu bündeln. Überdies ist eine Verzahnung mit der lokalen Ebene zu gewährleisten. Sie kann eingebettet sein in eine fortgeschriebene digitale Agenda als Fahrplan der Bundesregierung im Bereich des digitalen Wandels.

Klare Kompetenzen und Digitalisierung ist Chefsache.

Es gibt kein digitales Spitzenland ohne klare Zuständigkeiten. Ein Chief Digital Officer koordiniert und bündelt nationale wie regionale Aktivitäten. Ausgestattet mit einem eigenen Haushalt und Ressourcen lassen sich wesentliche Maßnahmen vorantreiben. Alle Bundesministerien und entsprechend auch alle nachgelagerten Behörden, die Bundesländer und Kommunen müssen ihre Prozesse und Projekte koordiniert digitalisieren. Ein nationales CDO-Gremium tauscht sich über Fortschritte aus und ermöglicht ein kontinuierliches Monitoring und Lernen.

Digitale Standards und Datengesetz einführen.

Daten sind der Rohstoff der Zukunft. Studien sehen das volkswirtschaftliche Potenzial im Umgang damit zwischen 12,1 und 131,1 Milliarden Euro pro Jahr – je nach aktiver oder reaktiver Nutzung. Doch Deutschland fehlt es an rechtlicher und technischer Klarheit. Eine Referenzarchitektur für Vernetzung von Daten ist notwendig, die Schnittstellen, Sicherheitsanforderungen und Protokolle definiert. Damit dies nach fest definierten Standards auf einem deutschlandweit einheitlichen Markt verläuft, sollte die Bundesregierung eine Initiative unterstützen, die Deutschland zum Land eines öffentlichen Datenraums (Public Data Space) profiliert. Ziel ist es, die Daten als Bindeglied zwischen öffentlichen Leistungen, moderner Daseinsvorsorge und neuen Leistungsangeboten über Smart Services zu profilieren.

Die EU hat mit der Datenschutzgrundverordnung bisherige Konzepte der Datensouveränität und -sicherheit grenzübergreifend im europäischen und internationalen Kontext weiterentwickelt. Prägend für die deutsche Datenhoheit und deren Rechtsrahmen sind Fragmentierung vor allem im Verfassungs-, Datenschutz-, Urheber- und Strafrecht. In einer digitalen Gesellschaft haben Daten einen Wert. Und ihr Mehrwert muss vor Ort sichtbar werden – sonst schwinden Akzeptanz und Vertrauen.

Nur Open Data alleinig zum Nulltarif übersieht bspw. investive Kosten in Infrastrukturen wie der Energie-, Wasser- oder Breitbandversorgung. Aus diesen Infrastrukturen entstehen vor Ort eine ungeheure Menge von Daten, deren Mehrwert auch lokal sichtbar werden sollte. Deutschland wird seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn wir keine Geschäftsmodelle nutzen können, die auf hochentwickelten Datenanalysen basieren. Wir sollten auf die Kraft der intelligenten Daten setzen. Aber das Potential des Datenschatzes, die Verfügbarkeit und die Anforderungen an den Datenschutz müssen zusammengebracht werden. Dafür braucht es ein Datengesetz. Deshalb brauchen wir ein Datengesetz, das Rechtssicherheit gewährleistet und die wirtschaftliche Nutzung von Daten regelt.

Smarte Gesetzgebung und Experimentierräume ermöglichen.

Die Regulatorik in Deutschland gehört auf auf den Prüfstand. Die hohe Innovationsgeschwindigkeit digitaler Geschäftsmodelle und Technologien, ihr grenzüberschreitender Charakter sowie immer stärker divergierende Nutzererwartungen stellen eine Herausforderung für klassische Regulierungs- und Rechtsdurchsetzungsansätze dar. In der Vergangenheit haben die europäischen und nationalen Gesetzgeber hierauf oft damit reagiert, dass sie entweder sehr spezifische Regelungen erlassen haben, die schnell durch technologische Entwicklungen überholt waren oder sie haben abstrakte und technikneutrale Regelungen verabschiedet. Allerdings haben diese den Nachteil, dass sie mit rechtlichen Grauzonen und Rechtsunsicherheit einhergehen. Diese sind sowohl für die Unternehmen als auch für Bürger problematisch. Auch wurde nicht immer die richtige Balance zwischen einer europäischen bzw. nationalen Rahmengesetzgebung und einer mikro-Steuerung über Bundesbehörden gefunden. In der neuen Legislaturperiode sollte verstärkt auf einen smarten Mix von Regulierungsansätzen gesetzt werden.

Diese fünf Gelingensbedingungen setzen einen Rahmen für erfolgreiche Digitalisierung und damit für eine Zukunftskoalition. Mehr dazu gibt es in unserer Studie Smart Nation.

Trendstudie zum digitalen Wahlkampf 2017: SPD und AfD liegen knapp vorne

Trendstudie zum digitalen Wahlkampf 2017: SPD und AfD liegen knapp vorne

Die Quadriga Hochschule Berlin veröffentlicht die erste „Trendstudie Digital Campaigning in der Bundestagswahl 2017 – Implikationen für Politik und Public Affairs“.

Alle Parteien wurden systematisch an den Erfolgsfunktionen Information, Vernetzung, Teilhabe und Mobilisierung verglichen. Dabei fanden sich große Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien, aber auch klare Unterschiede bei Plattformen und in Schwerpunktsetzung der unterschiedlichen Erfolgsfunktionen:

  • CDU informierte mit vielen Post,
  • bei SPD und FDP wuchsen die Follower und Fans,
  • die Grünen erreichten sehr viele Views und Likes
  • die AfD mobilisierte sehr gezielt.

Die Analyse ergab weiterhin, dass digitale Werkzeuge den Wahlkampf nicht grundlegend ändern, aber die Möglichkeiten politischer Kampagnen deutlich stärken können. So sei es viel einfacher und schneller für die Bürger zu spenden, Informationen zu suchen, oder Kontakt aufzunehmen. Durch soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Instagram eröffnen sich Bürgern, Parteien und Kampagnen neue Möglichkeiten sich politisch auszudrücken und ihre Inhalte unmittelbar zu teilen.

„Alle Parteien sollten sich die Analyse genau ansehen. Falls es doch zu Neuwahlen kommt, werden sie gar nicht die Zeit haben, neue Großflächen zu drucken, sondern müssen digital kommunizieren und da ist entscheidend, wer online mithalten kann“.

Die Studie „Trendstudie Digital Campaigning in der Bundestagswahl 2017 – Implikationen für Politik und Public Affairs“ wurde von Prof. Dr. Mario Voigt, Professor für Politik und Digitale Transformation, und Prof. Dr. Rene Seidenglanz, Vizepräsident der Quadriga Hochschule Berlin und Professor für Kommunikationswissenschaft, insb. Kommunikationsmanagement, mit Unterstützung von Union Asset Management Holding AG erstellt.

Smart Region: Digitale Infrastruktur für Deutschland

Smart Region: Digitale Infrastruktur für Deutschland

Deutschland steht für höchsten Technologiestandard. Eine beständig verfügbare digitale Infrastruktur bildet die Basis für viele neue Dienstleistungen, Anwendungen und Geschäftsmodelle. Darüber hinaus erhöht der Zugang zu einer modernen Internet-Infrastruktur die gesellschaftliche Teilhabe, ermöglicht neue wissenschaftliche und soziale Netzwerke und den freien Informationsfluss. Moderner Internetzugang ist eine kritische Komponente für eine demokratische Gesellschaft und kulturelle Vielfalt (OECD, 2017b).

Technologische Fragen

Unsere Infrastruktur- und Kompetenzbasis ist eine der besten der Welt. Dennoch landet die Bundesrepublik wenn es um die digitale Entwicklung geht beim Network Readiness Index des World Economic Forum nur hinter Ländern wie Singapur, Finnland, Schweiz, Schweden, Israel, den Niederlanden oder den Vereinigten Staaten auf Platz 15 von 139 verglichenen Ländern (World Economic Forum, 2016).

Deutschlands digitale Infrastruktur besteht aus einer Vielzahl von Netzwerken und Technologien. Den Aufbau prägt ein Mix aus fester und drahtloser digitaler Infrastruktur. Der Bedarf an Bandbreiten im Gigabit-Bereich für Unternehmen und Bürger wächst beständig. Beim Ausbau moderner Glasfaserverbindungen liegt Deutschland mit knapp 1 Prozent schneller Glasfaserverbindungen an allen Breitbandanschlüssen deutlich zurück. Gerade der geringe Anteil ist auch Grund dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich beim Ausbau der Internetgeschwindigkeit zurückfällt (Belson, 2016). Nach Berechnungen des TÜV Rheinland sind ungefähr 90 Milliarden Euro erforderlich, um Deutschland flächendeckend mit Glasfaser zu verkabeln (Parsons u.a., 2016).

Deutschland im Network Readiness Index (Quelle: WEF, 2016)

Bis zum Jahr 2021 wird der weltweite Internet-Traffic 127-mal größer sein als im Jahr 2005 (Cisco, 2017). In den nächsten fünf Jahren wird er sich im Verhältnis zu 2017 verdreifachen. Das Volumen der mobilen Breitbanddaten wächst ebenso rasant an und steigerte sich in den OECD-Ländern zwischen 2014 und 2015 um 71 Prozent (OECD, 2017a). Die Nutzer wechseln nahtlos zwischen festen und mobilen Verbindungen hin und her. Da die festinstallierte Breitbandinfrastruktur das Rückgrat für die mobilen Angebote darstellt, müssen beide Technologien gemeinsam entwickelt werden.

Nationale Unterschiede und Digitale Spaltung

Eine zentrale Gelingensbedingung für die digitale Transformation ist der flächendeckende Ausbau mit schnellem Internet in allen Landesteilen Deutschlands, das für alle zugänglich ist und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen. Die Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsinternet in allen Landesbereichen ist die zentrale Frage bei der Entwicklung der Gigabit-Gesellschaft. Gerade hier mangelt es Deutschland.

Häufig sehen private Unternehmen Investitionen im ländlichen Raum als weniger attraktiv an. Lange Leitungswege, eine geringe Siedlungsdichte und mangelnde Verfügbarkeit von nutzbarer Infrastruktur können zu einem negativen Deckungsbeitrag führen und erklären die derzeitigen „weißen Flecken“ auf der deutschen Breitbandkarte (Deist u.a., 2016). So ist aktuell eine Breitbandverfügbarkeit mit mehr als 50 Mbit/s im ländlichen Raum nur mit 36,2% gewährleistet. Im Vergleich ist ähnlich schnelles Breitband mit 90,3% in städtischen Gebieten vorhanden (BMVI, 2017a). Während eine Reihe von Regionen die technischen Grundlagen für den digitalen Wandel aus eigener Kraft schafft, sind andere Regionen strukturell schwächer entwickelt und benötigen mehr Unterstützung. Mehr als die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland besitzen eher schlechte Digitalisierungschancen (Wiechmann/Terfrüchte, 2017).

Aktuelle Breitbandverfügbarkeit in Deutschland – TÜV Rheinland (Stand Mitte 2017)

Die Lücke bei der digitalen Infrastruktur bleibt eine hartnäckige Herausforderung. Zumal der Rechtsrahmen den Ausbau in unterversorgten Gebieten erschwert, weil veraltete technologische Standards (Kupfer, Vectoring) und die Möglichkeit des Überbaus von neuen Technologien Investitionen in flächendeckende moderne Infrastruktur hemmen. Deutschlands feste Breitbandpreise sind dadurch im internationalen Vergleich zu hoch und steigen (World Economic Forum, 2016; Baller, Dutta und Lanvin, 2016). Die Bundesregierung hat erst spät mit dem DigiNetz-Gesetz versucht, gegenzusteuern.

Deutschlands zukünftige technologische Marktführerschaft wird auch davon abhängen, den erfolgreichen Einstieg in die Gigabitgesellschaft zu erreichen. Die bisherigen Ausbauphasen offenbarten mangelnde Koordination, technologische Klarheit, wettbewerbsrechtliche Hürden und eine finanzielle Unwucht. 

Handlungsempfehlung für eine digitale Infrastruktur

Investitionen in die Infrastruktur verringern Unterschiede zwischen den Regionen. Anspruch einer Smart Nation sollte sein, dass jede Gemeinde eine Ausfahrt von der Datenautobahn erhält.

Unser Ziel ist eine bundesweit flächendeckende Gigabitinfrastruktur aus Glasfaser und 5G.

Der Breitbandausbau ist das wichtigste Infrastrukturprojekt der nächsten Legislatur. Deutschland setzt als modernes Land auf Glasfaser. Lediglich Netze auf Glasfaserbasis vermögen langfristig den wachsenden Bedarf nach sehr hohen Bandbreiten jenseits der 50 Mbit/s befriedigen zu können (Deist u.a. 2016). Es sollte überall in Deutschland bis zu jeder Haustür reichen und das in der „Digitale Strategie 2025“ des Bundeswirtschaftsministeriums formulierte Ziel bis 2025 nur ein Mindestziel sein. Die Bundesregierung sollte konkrete Ausbauziele und Maßnahmen für die Legislaturperiode bis 2021 formulieren. Die öffentlichen Förderprogramme sind entsprechend des notwendigen Investitionsvolumen eines flächendeckenden Glasfaserausbau Fiber to the Home (FTTH) anzupassen (BMWi 2016) oder durch die (Teil-) Privatisierung der Deutschen Telekom ko-zufinanzieren.

Echte Potentiale ergeben sich durch die Einführung der fünften Mobilfunkgeneration (5G). Deutschland hat die Chance, als Innovationsführer bis 2025 ein hochleistungsfähiges 5G-Netz bereitzustellen und zum Leitmarkt für 5G-Anwendungen werden (BVMI, 2017c). Dazu sind zügig weitere Frequenzen auf dem Markt bereitzustellen und die Erlöse aus deren Versteigerung in den Glasfaserausbau fließen zu lassen. Mobilfunk-Basisstationen sind mit leistungsfähiger Glasfaser anzubinden und Best Practice in den Kommunen zu schaffen.

Wir sprechen uns für eine zentrale Koordination der Kompetenzen für den Breitbandausbau und dessen Finanzierung aus. Der Breitbandausbau vollzieht sich grundsätzlich im Wettbewerb, worin kommunale Unternehmen gleichberechtigte Marktteilnehmer sind. Häufig engagieren sie sich über eine rein marktwirtschaftliche Motivation hinaus für die Region. So investierten allein 2016 rund 150 kommunale Unternehmen im Breitbandausbau über 1 Mrd. Euro. Die Wettbewerbskonzeption des Bundes ist daher stärker als bisher auf Investitionen, Innovation und Wachstum auszurichten (Bundesregierung, 2017). Kommunale Unternehmen sollten im gleichen Umfang wie andere Marktteilnehmer auf Förderprogramme des Breitbandausbaus zurückgreifen können.

Deutschland fördert den Ausbau mit schnellem Internet durch genügend Ressourcen und eine kluge Förderpolitik.

Vor allem in gering besiedelten, ländlichen Regionen ist die Herausforderung groß, einen leistungsfähigen und auch bezahlbaren Internetzugang sicherzustellen. Wo der Wettbewerb an seine Grenzen stößt, sollten die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen unternehmerische, volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen in Einklang bringen, bspw. um Doppelausbau zu vermeiden oder interkommunale Kooperationen zu befördern. Sowohl die Bundesnetzagentur als auch das Bundeskartellamt bescheinigen dem Breitbandmarkt derzeit einen zu geringen Wettbewerb, da hohe Fixkosten und hoher Kapitalbedarf prinzipiell den Marktzugang erschweren (Bundesnetzagentur, 2017).

Eine Zugangsregulierung seitens der Bundesnetzagentur findet zwar statt, indem die Telekom als Netzinhaber angewiesen wird, das Netz den Konkurrenten zu öffnen. Dies geschieht jedoch nur nach Prüfung im konkreten Einzelfall. Will der schnelle Breitbandausbau gelingen, muss der eigenwirtschaftliche Ausbau geschützt und der mögliche Überbau verhindert werden (von Glaserfaser durch Vectoring). Mit einem großangelegten Förderprogramm sollte in Deutschland ausschließlichen der Glasfaserausbau gefördert werden. Der vom Bund geplante Wettbewerb für Kreise, Städte und Gemeinden ist mit ausreichenden Mitteln auszustatten, um mit konkreten Ideen Smart Region zu erproben (BVMI, 2017c).

Mit einem Digital Switch werden Potentiale im Kabelnetz schnell gehoben.

Deutschland nutzt nicht alle Potentiale des schnellen Aufbruchs in die Gigabit-Gesellschaft. Besonders auf Länderebene existieren in den Digitalisierungsstrategien Lücken, wenn es um den Infrastrukturausbau geht. Es reicht nicht aus, nur nach immer neuen Bundesförderprogrammen zu streben. Vielmehr gibt es im Bereich der Analog-Abschaltung in den Kabelnetzen durchaus Potentiale in den Ländern. Die Beendigung der analogen Verbreitung und den Einsatz des neuen Datenübertragungsstandards DOCSIS 3.1 würden immense Kapazitäten in den Netzen freisetzen, die für Gigabit-Internet zur Verfügung stünden. Über TV-Kabelnetze sind dann Datenübertragungsraten von bis zu 10 GBit/s im Downstream und 1 GBit/s im Upstream möglich; perspektivisch sogar mit symmetrischen Übertragungsraten im zweistelligen Gigabit-Bereich (ANGA, 2016).

 

Der Beitrag ist Teil der Studie „Digital. Kommunal. Deutschland. Smart Nation durch Smart Regions.“ von Christian Thorun, Kristina Sinemus und mir.

 

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