Mit „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ oder als Hashtag #fedidwgugl hat die Union ihr Regierungsprogramm jetzt vorgestellt. Digitalisierung ist in aller Munde, doch was steht in den Wahlprogrammen der Parteien? Was ist in den nächsten vier Jahren geplant und welche Parteien passen in Digitalisierungsfragen zueinander?

Hier gibt es den Schnellcheck.

Die Union geht bei der Digitalisierung in die Offensive und postuliert mit ihr eine „historische Revolution“, die es zu nutzen gilt, um die Arbeitswelt humaner zu machen, die Umwelt zu schützen, die Gesundheitsversorgung zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen. Konkret fordert die Union:

  • Die Schaffung der Position eines „Staatsministers für Digitalpolitik“ im Bundeskanzleramt und eines „Nationalen Digitalrats“
  • Die Errichtung einen „Gigabit-Gesellschaft“ mit flächendeckend modernem Glasfasernetz bis 2025 und die Etablierung Deutschlands als Leitmarkt für den neuen 5G-Mobilfunk (als Schlüsseltechnologie der digitalen Transformation)
  • E-Gouvernement um Behördengänge vereinfachen (elektronisches Bürgerportal und elektronisches Bürgerkonto)
  • Ausbau Industrie 4.0: Start-Ups unterstützen, neue Technologien und Produktionsverfahren, neue Arbeitsplätze und Arbeitszeitmodellen (bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf), Verabschiedung eines Datengesetzes
  • Digitaler Verkehr: Vernetzung des Verkehrs (Staureduzierung), autonomes Fahren
  • Bildungspolitik: erforderliche Ausstattung der Schulen, Vermittlung digitaler Kompetenzen
  • E-Health: Telemedizin (kürzere Wartezeiten in Arztpraxen, verbesserte und schnellere medizinische Versorgung im ländlichen Raum und gezieltere Diagnosen des Krankheitsbildes sowie optimierter Therapieansätzen)

Die Kernpunkte der FDP zur Digitalisierung sind:

  • Einführung eines Digitalministeriums
  • Digitale Infrastruktur auf dem neuesten Stand, Flächendeckendes Glasfasernetz
  • Freies WLAN im öffentlichen Raum
  • E-Health: Telemedizin (Ausbau digitaler Gesundheitsdienstleistungen, Ambulante Versorgung stärken)
  • Digitalisierung der Bildung: 1000 EUR Technik-Investition pro Schülerin und Schüler, Medienkompetenz in die Bildungsstandards, Lebenslanges Lernen mit Online-Tools, Digitalkompetenz erweitern
  • Chancen der Digitalisierung nutzen: Digitaler Binnenmarkt für Europa, Open-Data und Open-Government-Strategie, Wettbewerbsrecht fit für die Digitalisierung machen, Netzneutralität und Innovationen fördern
  • Datenschutz in der digitalisierten Welt (Schutz der Privatsphäre), modernes Urheberrecht
  • Moderne Arbeitswelt: Mehr Flexibilität bei der Regulierung von Arbeitszeitmodellen
  • intelligente Verkehrssysteme und Mobilität 4.0

Im Gegensatz zu Union und FDP fällt auf, das die Digitalisierung im Wahlprogramm der SPD kein gesondert aufgeführtes Kapitel bekommen hat. Forderungen der Sozialdemokraten zur Digitalisierung finden sich trotzdem in ausreichender Form wider:

  • Bildungspolitik: Digitale Bildung muss Gegenstand von Schul- und Unterrichtsentwicklung sein, qualitativ hochwertige Online-Lernangebote an den Hochschulen entstehen, damit das Studium zunehmend orts- und zeitflexibel möglich wird, Ausstattung der Hochschulen, offenen Kanäle für wissenschaftliche Kommunikation und Publikation fördern (Open Access)
  • Arbeitsmarkt: Forderung einer Ausbildungsstrategie für die Arbeitswelt 4.0, Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes, regelmäßige Weiterbildung, mehr selbstbestimmte Arbeitszeitgestaltung
  • Datenschutz: Schaffung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes, Situation der Urheber verbessern
  • Flächendeckendes schnelles Internet (Glasfaser): „Breitband für alle“ => bis 2025 eine der modernsten digitalen Infrastrukturen in Deutschland
  • Für digitale Ausrüstung sollen kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten
  • Digitalisierung in der Verwaltung
  • E-Health: Telemedizin

Die Digitalisierung nimmt im Wahlprogramm der Linken keine herausragende Stellung ein. Es finden sich nur wenige klare Forderungen, die im Zusammenhang zum digitalen Wandel unserer Gesellschaft stehen:

  • Arbeitsmarkt: Recht auf Weiterbildung, Rechtsanspruch für Beschäftigte auf mobiles Arbeiten und Home-Office (auf freiwilliger Basis)
  • Bildung: schneller und einfacher Zugang zu Bildung (durch Digitalisierung)
  • Erstellung eines Rahmenkonzepts zur sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung

Noch erschreckender als die stiefmütterliche Behandlung der Digitalisierung bei den Linken ist der Umgang mit diesem wichtigen Thema bei der AfD. Dort findet sich das Wort Digitalisierung nicht ein einziges Mal in ihrem Wahlprogramm wider. Lediglich die Forderung, dass „Haushalte sowie klein- und mittelständische Betriebe – unabhängig davon, ob diese sich in urbanen Räumen oder sich in ländlichen Regionen befinden – innerhalb von zwei Jahren an schnelle Breitbandnetze angeschlossen werden“ ist in dem Programm zu finden.

Das Vorläufige Wahlprogramm der Grünen nennt folgende Punkte zur Digitalisierung:

  • neue, gute Jobs in neuen Arbeitsfeldern fördern
  • Weiterbildung im Bereich digitale Kompetenzen
  • ökologische Möglichkeiten für die Energie- oder Verkehrswende durch intelligente Steuerung, Automatisierung oder Vernetzung nutzen
  • Investition in die Infrastruktur der Zukunft (Breitbandausbau)
  • Forschungsbonus für Unternehmen
  • Datenschutz
  • Investition in Bildungsaufbruch (fünfjähriges Schulsanierungsprogramm und ein Modernisierungsprogramm für die Ausstattung von Hochschulen)
  • Arbeitsmarkt: Recht auf Home-Office

Vergleich der Digitalisierung in den Programmen

Zusammenfassung: Die unterschiedlichen Ziele der Parteien in Deutschland lassen sich zusammenfassen auf den Ausbau von E-Gouvernement (digitale Verwaltung), die Erhebung von Digitalisierung zum Unterrichtsgegenstand, den Ausbau einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur, der Einhaltung und Konkretisierung des Datenschutzes, dem Abbau von bürokratischen Barrieren für Unternehmen, der Förderung von Startups und Innovationen, und der Einführung eines „Internetministerium“ oder „-Ministers“. Die eigentlichen Zukunftsfragen sparen sich aber alle Parteien auf – wie schafft Deutschland als föderaler Staat wettbewerbsfähige Strukturen und Bedingungen an der kommunalen Basis und wie geht man mit permanent neuen Daten einer öffentlichen Infrastruktur um – von Energie bis zu Patientendaten.
Koalitionskompass: Die Ziele von CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne zum Thema Digitalisierung ähneln sich. Alle stehen für einen Breitbandausbau und schnelles, flächendeckendes Internet, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Vermittlung digitaler Kompetenzen in der Schule sowie im Berufsleben. Spannend wird die Frage nach den Ausrichtrungen beim Umgang mit erhobenen Daten und dem Ausbau der Industrie 4.0. SPD und Grüne fordern mehr Regularien und setzen weniger auf die positiven Chancen der Digitalisierung. Wer Digitalisierung als Chance und Enabler sieht, der sollte auf Union und FDP setzen. Wer mehr regulatorische Eingrenzungen und weitgehenden Datenschutz, der sieht sich bei SPD und Grünen aufgehoben. Bei AfD und Linke spielt das Zukunftthema Digitalisierung einer nachrangig Rolle.

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