Zwei Gründe, welche die SPD-Spitzenkandidatin nachdenklich stimmen sollten

Zwei Gründe, welche die SPD-Spitzenkandidatin nachdenklich stimmen sollten

Es ist offiziell: Heike Taubert wird Spitzenkandidatin der SPD. Die Sozialministerin. Frau gegen Frau. Meine erste Prognose für 2014 ist erfüllt: Christoph Matschie hat Heike Taubert zur Spitzenkandidatin vorgeschlagen.

Die OTZ kommentierte: „Mit Heike Taubert im Aufgebot hat sich die SPD allerdings schon früh festgelegt als weiterhin dritte Kraft im Landtag“.

In der TLZ war zu lesen: „Dass die SPD erstmals eine Frau ins Rennen schickt, liegt vor allem daran, dass sich die beiden Wunschkandidaten vieler Genossen, die Oberbürgermeister Albrecht Schröter und Andreas Bausewein aus Jena und Erfurt ihre Karrieren nicht durch vorhersehbare Wahldebakel versauen wollen. Sie warten auf günstigere Gelegenheiten. Die Wahrheit ist: Hätte einer der Beiden die Hand gehoben, wäre Taubert nicht zum Zuge gekommen.“

Also, als zweite Wahl auf zur dritten Kraft?

Wie heißt es so schön, eine Wahl ist eine Veranstaltung zur Überprüfung der demoskopischen Vorhersagen – und die können sich irren. Es gibt jedoch mindestens zwei Gründe, die für das Duell Lieberknecht-Ramelow sprechen und Taubert eher zur Zählkandidatin, als zur Ministerpräsidentenkandidatin machen:

1. Der Wähler

Jede Stimme muss bei jeder Wahl neu gewonnen werden. Zugleich gibt es langfristige Wählertrends, die man nicht ignorieren kann. Und dieser Trend ist eindeutig: Die SPD gewinnt keine neuen Wähler hinzu.

Die Umfragen der letzten Jahre zeigen für die SPD nur eine Tendenz: nach unten. Kurz nach dem Start der Koalition und während der Zeit des gemeinsamen Koalitionshandelns stieg der SPD-Wert bis auf 24 Prozent an. Seitdem mehr ein Krawallkurs eingesetzt hat, sinken die Zahlen. Niedrigster Wert: 14,9 Prozent (November 2013) – der schlechteste Umfragewert seit August 1999.

Aber es ist nicht die Stimmung, sondern vor allem die tatsächlichen Stimmen, die der SPD Kopfzerbrechen bereiten sollten. Bei Bundestagswahl 2013 erreichte die SPD 16,1 Prozent. Das sind 1,5 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl zuvor. Viel dramatischer fällt der Vergleich aus, wenn man die genaue Anzahl der Wähler betrachtet: Für die SPD gaben 198 714 Thüringer ihre Stimme ab. Das ist fast exakt der gleiche Wert wie bei der Landtagswahl 2009. Dort waren es 195 363. Wo ist das Problem mögen manche Fragen. Die Wahlbeteiligung. Bei der Bundestagswahl gingen fast 200.000 Thüringer mehr wählen als bei der Landtagswahl. Obwohl mehr Bürger ihr Recht auf Wahl wahrnahmen, stagnierte die SPD. Kein gutes Signal. (Das gilt übrigens auch für die Linke. Sie erreichte 300 Stimmen weniger wie bei der Landtagswahl – 288 915 zu 288 615 Stimmen). Dagegen konnte die CDU sich von 329 302 auf 477 283 steigern.

2. Die SPD

Die SPD hat einen Parteivorsitzenden und einen Spitzenkandidaten. Kommt ihnen bekannt vor? Frau Taubert muss einen „Steinbrück-Effekt“ fürchten. Matschie ist Vorsitzender der SPD und sie darf den Vorturner spielen. Bei Steinbrück ist das Ergebnis bekannt. Er führte den Wahlkampf und nahm nach der Wahl am „Katzentisch“ Platz. Taubert dürfte daraus gelernt haben. Noch schwieriger wird es für sie, wenn aus dem Duo bald eine Troika wird und Erfurts-OB Bausewein landespolitische Impulse geben möchte.

Noch sieht es danach aus, als ob Taubert Wähler in der politischen Mitte gewinnen möchte. Sie will sich als Kandidatin mit Rückhalt in der bürgerlichen Mitte profilieren, die nur ein bisschen mehr staatliche Umverteilung gut findet als die CDU. So ähnlich hat es Steinbrück auch versucht. Doch schafft es Taubert nicht, im ersten Quartal die Zustimmungswerte der SPD zu heben, dann wird es ungemütlich für sie. Dann werden die parteiinternen Stimmen laut, die ehedem für Rot-Rot-Grün sind. Dann wird Taubert zum „doppelten Steinbrück-Effekt“ gezwungen sein: sich in den Themen der Linken annähern, um gegenüber deren Wählern zu punkten und dadurch Stimmen für die SPD zu gewinnen. Ob jetzt Kätzchen oder Stubentiger – sie wird zugleich versuchen, sich im Vergleich zum Linken-Spitzenkandidaten Ramelow als die eigentliche Kraft im linken Lager darzustellen. Dadurch wird sie automatisch eine Oppositionsrolle in der Regierung einnehmen. Und das schadet am meisten der SPD selbst.

Unterm Strich: Dass die SPD im Rennen um den Ministerpräsidenten mitspielen wird, steht außer Frage. Dass sie ihn aber stellt, ist unwahrscheinlich. Es bleibt die Frage, ob sie zur Stärke in Verantwortung findet, oder Opposition zur eigenen Arbeit der letzten Legislaturperiode macht und versucht, links zu punkten. Letzteres würde nur einen zum Schnurren bringen.

Fünf Prognosen, warum 2014 ein besonderes politisches Jahr wird

Fünf Prognosen, warum 2014 ein besonderes politisches Jahr wird

Für Thüringen gilt, 2014 wird ein Jahr der Entscheidungen. Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen. Hier sind Vorhersagen:

  1. Thüringens Jobmaschine läuft in 2014 auf Hochtouren. Die Thüringer Arbeitslosenzahlen fallen erstmals unter 7 Prozent. Jobs, Löhne, Wachstum – alle Daten zeigen aufwärts. Wir können über das Ziel der Vollbeschäftigung reden, statt über die Verwaltung von Arbeitslosen. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren für möglich gehalten? Was traditionell Füllworte politischer Sonntagsreden sind, ist längst auch Wirklichkeit: Dem Land geht es gut, den Menschen geht es im Schnitt deutlich besser als vor fünf Jahren. All das ist nicht allein politisches Werk, aber es eben auch eine Folge kluger und sachorientierter Politik. Anders, als mancher medialer Donnerhall vermuten lässt, arbeitet die Regierung gut. Und die Landtagswahl wird darüber entschieden, ob die Menschen den Kurs von Christine Lieberknecht zur Vollbeschäftigung in Thüringen fortsetzen wollen, oder auf eine unsichere Dreier-Konstellation unter Bodo Ramelow setzen.
  2. Die Demographie zeigt ihre Krallen: Wir könnten erstmals eine Wahlbeteiligung erleben, die knapp unter 1 Millionen Wählern liegt. Aber ganz gleich, wie viele Menschen ihr Kreuz machen, sie tun es unter Bedingungen, die noch nie so gut waren. Daher erringt die CDU zwischen 38-40 Mandaten. Das ist eine Steigerung um 10 Mandate im Vergleich zur letzten Wahl. Damit setzt sie die Trendumkehr seit 2009 fort. Nachdem 2009 nur rund 329.000 Menschen der Union ihre Stimme gaben, konnte das Ergebnis bei der Kommunalwahl 2012 auf 356.000 und bei der Bundestagswahl 2013 auf 477.000 (bei den Erststimmen sogar auf 508.000) gesteigerte werden. Mit Christine Lieberknecht ist erstmals in Thüringen eine Frau Spitzenkandidatin. Zum zweiten Mal überhaupt erst tritt eine Frau in Ostdeutschland auf Platz eins an. Christine Lieberknecht bleibt Ministerpräsidentin des Freistaates. Die CDU Thüringen wird bei den Kommunalwahlen ihren Anteil an den Stimmen stabil halten. Bei der Europawahl legt die Union leicht zu. Die Europäische Volkspartei wird erneut stärkste Fraktion. Den Kommissionspräsidenten stellt die EVP und sticht damit Martin Schulz aus.
  3. Innerhalb der SPD wird das Kandidatenschauspiel spätestens Ende Januar zu Ende sein. Heike Taubert wird auf Vorschlag von Christoph Matschie Spitzenkandidatin. Die Sozialdemokraten haben sich mit weniger als 20 Prozent abgefunden und setzen darauf mit sozialpolitischen Themen der Linken noch Stimmen abzujagen.
  4. In der Linken kommt es nach der Nominierung Tauberts zu einem politischen Positionsstreit. Während Bodo Ramelow als Spitzenkandidat mit „sozialdemokratischen“ Themen Prozente von der SPD gewinnen will, setzt die verjüngte linksradikale Spitze auf einen Angriffswahlkampf gegen das marktwirtschaftliche System und versucht, mit sozialpopulistischen Themen zu punkten. Dadurch reduzieren sie die Anschlussfähigkeit Richtung SPD und Grüne. Dieser Streit wird größer je deutlicher in den Umfragen wird, dass nur ein rot-rot-grünes Bündnis eine reale Option ist.
  5. Bei den sogenannten „Kleinen“ wird es eng. Die Grünen kämpfen um den Wiedereinzug in den Landtag. Sie profitieren von den Anlaufgeräuschen der Großen Koalition im Bund und kommen in den Landtag. Auch die FDP kann wieder Boden gutmachen, schafft es jedoch leider nicht mehr in den Landtag. Die große Unbekannte bleibt die AfD. Sie gewinnt bei der Europawahl an Unterstützung und nimmt bei der Landtagswahl Stimmen von der Linken weg. Knapp gelingt ihr der Einzug in den Thüringer Landtag. Auch das macht das Jahr 2014 zu etwas Besonderem. Wird es ein instabiles Bündnis dreier Parteien unter Führung der Linken geben? Oder läuft Thüringen weiter zur wirtschaftlichen Hochform auf und die Menschen stimmen darüber ab, dass einfach dieser Pfad weiter eingeschlagen wird?

Apropos Hochform. Zum Ende noch drei unpolitische Prognosen, die das Jahr zu etwas Besonderem werden lassen.

Deutschland überwindet Italien im Halbfinale und wird Weltmeister im Maracana-Stadion von Rio.

Sandra Bullock gewinnt einen Oscar für ihre Rolle in „Gravity.“

Thüringen ist in Sotschi erfolgreich. Der Schalkauer David Möller gewinnt eine Medaille im Rodeln.

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