Woche der Entscheidung: Keine neuen Schulden und keine höheren Steuern

Woche der Entscheidung: Keine neuen Schulden und keine höheren Steuern

Die Koalitionsverhandlung sollen in dieser Woche beendet werden. Bei der Europa-, Familien- und Bildungspolitik zeichnen sich Kompromisse ab. Es gibt aber auch Felder, wo die Union ihr Wahlprogramm maßgeblich durchsetzen sollte. Gerade bei der Finanz- und Wirtschaftspolitik steht Deutschlands Zukunft und die Glaubwürdigkeit der Union auf dem Spiel.

Blickt man auf die Koalitionsverhandlungen fallen drei Forderungen der SPD besonders auf:

  1. Höhere Steuern
  2. Neue Schulden
  3. Flächendeckende Regulierungen (Mindestlohn). 

Die Union ist gut beraten, sich nicht auf diese Kurzsichtigkeit einzulassen.

Die Hälfte des deutschen Wachstums in den letzten Jahren resultierte aus Exporten. Der Handelsüberschuss betrug 188 Milliarden Euro, oder 7% des BIP. Das ist weltweit der höchste Wert.

Damit hat Deutschland die niedrigste Arbeitslosigkeit der letzten 20 Jahre erreicht und eine Jugendarbeitslosigkeit, die unter 8 Prozent liegt. Der europäische Durchschnitt ist dreimal so hoch.

Die drei Forderungen der SPD wären Gift für  diesen Erfolgsweg.

1. Höhere Steuern: Belasten Bürger und Unternehmen, die schon mit den Energiekosten mittlerweile am Limit schrammen. Innerhalb der letzten drei Jahre sind die Kosten um 25 Prozent gestiegen und liegen rund 40-50 Prozent über dem europäischem Durchschnitt. Deswegen ist die Forderung nach einer Neustrukturierung des EEG richtig. Und auch im Feld der Steuer- und Abgabenpolitik wird Deutschlands Zukunft nicht gebaut. Wir haben kein Einnahme- sondern ein Ausgabeproblem. Es kürzlich publizierte die EZB eine Studie über die Einkommensverteilung innerhalb der OECD.

2. Neue Schulden:  Schuldenbremse, Euro-Schuldenkrise und Niedrigzinsphase – wer generationengerechte Politik will, verzichtet auf eine Schuldenpolitik. Deutschlands Erfolg hängt von der Bewältigung der europäischen Finanzierungskrise ab. Da ist die Reform- und Konsolidierungspolitik richtig: Diese Probleme zu lösen ist Aufgabe der Politik, die dazu finanzpolitische Instrumente verwenden kann. … Die Probleme des Euroraums sind im Kern eine Zahlungsbilanzkrise. Wenn Volkswirtschaften dauerhaft erhebliche Leistungsbilanzdefizite aufweisen, kann irgendwann die Bereitschaft des Auslandes, diese zu finanzieren, abnehmen oder ganz versiegen. Die häufig in der Diskussion stehenden hohen Staatsdefizite („Euro-Schuldenkrise“) sind für diese Leistungsbilanzsalden teilweise verantwortlich, aber auch andere Sektoren der Volkswirtschaften (Unternehmen und private Haushalte) haben dazu beigetragen. Werden Leistungsbilanzdefizite über die Märkte (Banken, Wertpapiermärkte) nicht mehr finanziert, kommt es zu krisenhaften Zuspitzungen.“ 

3. Flächendeckende Regulierungen: Die SPD setzt sich für einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ein. Nun gibt es Studien, öffentliche Einlassungen von Branchenverbänden und auch Unternehmern, die vor einer gesetzlichen Lösung warnen. Mit dem Thüringer Modell liegt ein Kompromissvorschlag vor, der einen Fehler nicht macht: zu glauben, dass der Staat der bessere Unternehmer ist.

Also, standhaft bleiben und der SPD bei diesen Forderungen die rote Karte zeigen. Deutschlands Zukunft liegt nicht in alten sozialdemokratischen Utopien, sondern in klugen Antworten, die das Land stärken – in Bereichen von Demographie, Innovation und Infrastruktur.

 

Was bei den Koalitionsverhandlungen für Thüringen wichtig ist

Was bei den Koalitionsverhandlungen für Thüringen wichtig ist

Worin sehen Sie die größte Konfliktlinie in den Koalitionsverhandlungen?

Bei der Frage nach neuen Schulden und höheren Steuern. Wir sind in den Wahlkampf gegangen mit der klaren Ansage, dass es keine neuen Schulden und keine höheren Steuern geben wird. Dazu stehen wir auch in den Koalitionsverhandlungen. Um dieses durchzusetzen, müssen wir an anderen Stellen Kompromisse eingehen.

Beim Mindestlohn etwa?

Es gibt keinen Dissens darüber, ob es einen Mindestlohn geben wird. Wir sehen den Mindestlohn als soziales Netz, als eine Absicherung nach unten. Es geht allein um die Modalitäten. Die Höhe des Mindestlohnes sollte nicht von der Politik ausgehandelt werden, sondern von den Tarifpartnern. Mit dem Lieberknecht-Modell liegt übrigens ein zwischen CDU und SPD ausverhandelter Kompromissvorschlag beschlussreif auf dem Tisch. Der ist eine Blaupause für die Berliner Koalition. Wichtig ist, der Mindestlohn darf keine Arbeitsplätze kosten.

Die Ministerpräsidentin sprach sich auch für einen Deutschlandfonds aus.

Wir sehen einen Bedarf, dass strukturschwache Gebiete auch nach dem Auslaufen des Solidarpaktes eine besondere Finanzierung erhalten. Außerdem wollen wir uns dafür einsetzen, Kommunen weniger abhängig von Gewerbesteuerschwankungen zu machen, und ein eigenständiges Förderprogramm für kleine, innovative Unternehmen auflegen. Wichtig ist uns auch der Abbau der kalten Progression: Die normale Mittelschicht muss etwas von Lohnerhöhungen haben.

Die Bewältigung des demografischen Wandels zählt zu den Themen, in denen Thüringen Vorreiter sein will. Welche Punkte gehören in den Koalitionsvertrag?

Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist ein Kernthema. Wir müssen die Vergütungssysteme so gestalten, dass Anreiz besteht, Praxen auf dem Land zu übernehmen. Ein anderer Ansatzpunkt ist ein Sanierungsbonus, praktisch eine „Eigenheimzulage für den ländlichen Raum“: Wir wollen damit anregen, momentan brachliegende Immobilien wieder fit zu machen. Das hilft nicht nur der Bauindustrie, sondern wirkt aktiv gegen den demografischen Wandel.

Wie wollen Sie dem Fachkräftemangel begegnen?

Indem wir Junge und Ältere stärker fördern. Nehmen wir das Bundesprogramm „50 plus“. Es läuft 2015 aus. Wir wollen es fortsetzen, damit unter anderem durch Förderprojekte Ältere wieder in den Arbeitsmarkt hineinkommen. Dadurch trägt das Programm auch dazu bei, Altersarmut zu verhindern. Zudem ist es wichtig, den Stellenwert der dualen Ausbildung weiter zu erhöhen. Der Abschluss als Facharbeiter muss wieder mehr gesellschaftlichen Wert bekommen. Jeder Handwerker ist schon heute ein absoluter Spezialist auf seinem Fachgebiet, das verdient wirklich mehr Respekt.

Wie steht es um die Angleichung der Renten ans Westniveau?

Die Angleichung des Rentenniveaus zwischen Ost und West muss erfolgen. Und die Mütterrente muss kommen. Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind, dürfen bei den Rentenpunkten nicht benachteiligt werden.

Vor allem in den alten Bundesländern kam die Investition in die Infrastruktur in den vergangenen Jahren zu kurz. Sollte es ein Programm „Aufbau West“ geben?

Wir setzen uns für die Interessen Thüringens ein. Beim Netzausbau im Bereich der Internet- oder Energieversorgung haben die neuen Bundesländer Nachholbedarf. So stehen wir für Infrastrukturfonds, die über die Grenzen von Legislaturperioden hinweg finanziell ausgestattet ist. Das könnte die Planungskosten senken.

Welche Ziele stehen im Bereich der Bildung?

Die Forschungsausgaben haben sich unter Bundeskanzlerin Merkel verdoppelt. Der Bund sollte diese Leistungen weiter auf hohem Niveau halten. Aus unserer Sicht wäre es wichtig, das Kooperationsverbot im Hochschulbereich abzuschaffen. Der Bund sollte sich auch direkt engagieren dürfen. Im Kulturbereich erwarten wir, dass sich der Bund stärker beim bevorstehenden Lutherjubiläum einbringt. Nicht zuletzt streben wir an, dass der Bund künftig die Hälfte der Finanzierung der Klassik Stiftung Weimar trägt.

Die Thüringer CDU hat alle Wahlkreise gewonnen. Um welchen Ministerposten schicken Sie einen Bewerber ins Rennen?

Aus unserer Sicht hatte die Union hervorragende Köpfe in der bisherigen Regierung. Es braucht daher keinen zusätzlichen Minister aus Thüringen, obwohl wir gute Leute dafür hätten. Damit Thüringer dennoch eine starke Vertretung in der Regierung hat, wäre es gut, wenn auf Unionsseite sich mindestens ein Thüringer als parlamentarischer Staatssekretär einbringen kann. Das wäre ein guter Beleg für den Erfolg des Landesverbandes, der erstmals seit 1994 alle Wahlkreise gewonnen und trotz geringerer Einwohnerzahl mehr Stimmen erhalten hat.

Welche Ihrer Thüringer Mitstreiter verhandeln den Koalitionsvertrag mit?

Wir sind mit fünf Personen vertreten. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht , Finanzminister Wolfgang Voß für die Finanzbeziehungen, Christian Carius für die Infrastruktur,Jürgen Reinholz für den ländlichen Raum und Mike Mohring für Wirtschaftsfragen.

Drücken Sie die Daumen, dass Thüringen nach Ende der Gespräche einen neuen Wirtschaftsminister braucht?

Ohne Insider der SPD zu sein, glaube ich, dass man auch in Berlin wahrgenommen hat, dass Herr Machnig offensichtlich Doppelkassierer ist. Den Umgang mit dieser Frage kann nur die SPD unter sich klären.

Hat Deutschland vor Weihnachten eine neue Regierung?

Wenn es nach uns geht ja. Ich hoffe, die SPD hat ihre Wahlkampfdepression inzwischen abgelegt. Die Wähler haben einen Anspruch darauf, dass drei Monate nach der Bundestagswahl eine vernünftige Regierung steht. Wenn die Kanzlerin die Neujahrsansprache halten könnte, wäre das gut.

Tino Zippel 29.10.13 OTZ

via CDU-Generalsekretär Mario Voigt im Gespräch: Für Lieberknecht-Modell bei Mindestlohn | OTZ.

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