Weißbuch „Digitale Daseinsvorsorge stärken“ – Wer profitiert von den Daten kommunaler Betriebe?

Weißbuch „Digitale Daseinsvorsorge stärken“ – Wer profitiert von den Daten kommunaler Betriebe?

Wenn Bürger den öffentlichen Nahverkehr nutzen, oder zuhause das Licht anmachen, entstehen Daten. Anonymisiert werden sie von kommunalen Unternehmen für innovative Leistungsangebote, automatisierte Geschäftsprozesse oder die Errichtung von Smart Regions  genutzt. Künftig sollen nach EU-Vorgaben Daten des öffentlichen Sektors verpflichtend mit privaten Unternehmen geteilt werden. Sollen diese Daten per Datengesetz bei Google landen oder von kommunalen Stadtwerken vertrauensbildend bewirtschaftet werden? Wer soll von Daten kommunaler Unternehmen profitieren?  Die Quadriga Hochschule ist dieser Frage in Kooperation mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) nachgegangen.

Die Datenwirtschaft boomt

Daten entwickeln sich zu einem wichtigen und wertvollen Wirtschaftsgut. Die Menge an ihnen erfährt durch Internet der Dinge (IoT) und Smart City einen deutlichen Zuwachs und wird sich weiter steigern. Bis zu 739 Milliarden Euro sollen innerhalb der europäischen Datenwirtschaft umgesetzt werden, erwartet die Europäische Kommission für dieses Jahr. Das würde mehr als drei Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes ausmachen. Um diese Entwicklung zu fördern, strebt die EU eine europäische Datenwirtschaft als wichtigen Binnenmarktgedanken an.

Öffentliche Betriebe sollen Daten kostenlos veröffentlichen, fordert die PSI-Richtlinie der EU

Mit der „Richtlinie über Open Data und zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors“ (PSI-Richtlinie) hat die EU im vergangenen Jahr dafür den Grundstein auf europäischer Ebene gelegt. Öffentliche Betriebe sollen Daten kostenlos veröffentlichen und Potenziale gehoben werden. Aktuell sieht die Umsetzung der PSI-Richtlinie lediglich Regelungen und Pflichten für öffentliche Stellen vor. Bis Juli 2021 muss diese Novellierung in Deutschland in nationales Recht überführt werden und erhöht den Druck auf öffentliche Betriebe, ihre Daten zu teilen. Bisher waren diese ausgenommen und konnten sie nutzen, um im Wettbewerb mit privaten Akteuren zu bestehen.

Sollen Amazon und Google von der PSI-Richtlinie profitieren?

Kommunale Unternehmen verfügen über unzählige Daten, die für ihre Aufgabenerfüllung wesentlich sind. Sie werden für innovative Leistungsangebote und die Digitalisierung der Daseinsvorsorge am Bürger genutzt. Doch der gegenwärtige Rechtsraum für kommunale Unternehmen ist unsicher, teils widersprüchlich und steht einer modernen, datenbasierten Daseinsvorsorge entgegen. Neben dem Gemeindewirtschaftsrecht, ist die Richtlinie für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) Hauptgrund dafür. Im Wettbewerb mit privaten Akteuren sehen sich die öffentlichen Unternehmen benachteiligt, da sie zur einseitigen Weitergabe von Daten verpflichtet werden könnten. Entwicklungen wie in Berlin, wo der US-Konzern Google Verkehrsdaten der BVG gegenleistungslos für die Anreicherung von Verkehrsdaten bezieht, werden dann zum Regelfall für eine Füllen an Sektoren und Daten.

Die Erhebung und Bewirtschaftung von Daten ist für öffentliche Unternehmen kostspielig. Eine verpflichtende kostenlose Weitergabe hemmt daher die Anreize öffentlicher Unternehmen innovativ voranzuschreiten und die Daten überhaupt zu erheben. Die digitale Transformation der Daseinsvorsorge anzugehen wird dadurch ebenso gefährdet wie eine Reihe von bestehenden Geschäftsmodellen öffentlicher Unternehmen.

Digitale Daseinsvorsorge & faire Datenbewirtschaftung

Die Gestaltung des Level playing field der Datenbewirtschaftung durch die Bundesregierung bedarf eines stärkeren Fokus auf die besondere Stellung von kommunalen Unternehmen, als gemeinwohlorientierten Versorgern und gleichzeitig Akteuren im marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Drei Empfehlungen werden in der Studie für eine datenbasierte moderne Daseinsvorsorge formuliert:

  1. Schaffung eines bundesweiten Public Data Space

Es brauch ein bundesweit zugängliches System aus Konzepten, Verfahrens- und Rechtsvorschriften, Sicherheitsvorgaben, technischen Standards sowie einer Infrastruktur, um die Nutzung von Daten für die digitale Daseinsvorsorge in einem Datenraum mit klaren Standards und Gemeinsamkeiten zu strukturieren. Diese Initiative würde die besondere Rolle kommunaler Unternehmen und ihre Funktion für die digitale Daseinsvorsorge berücksichtigen und dabei helfen Potenziale zu heben. Ein bundesweiter “Public Data Space” könnte als solche Plattform und Architekturentwurf für dezentralen Datenaustausch zwischen vertrauenswürdigen kommunalen Akteuren und möglichen privatwirtschaftlichen Unternehmen dienen, welche bereits auf kommunaler (Urban Data Spaces) oder sektoraler (z. B. International Data Spaces) Ebene digital miteinander vernetzt sind.

  1. „Public Data German Standard“ als Qualitätssiegel und moderner, kommunaler „Daten-TÜV“

In einem solchen Datenraum, könnte ein Qualitätssiegel „Public Data German Standard“ den konzeptionellen Rahmen geben, um urbane Datenräume in der deutschen und europäischen Datenwirtschaft, strategisch effektiv zu positionieren. Unter „Public Data German Standard“ ist eine grundlegende, genormte digitale Architektur zu verstehen, inklusive technischer, ökonomischer und rechtlicher Anforderungen. Einheitliche Standards „Public Data German Standard“ könnten vor allem auch kommunalen und mittelständischen Unternehmen einen Rahmen geben, in die sie ihrer Rolle als Rückgrat der Wirtschaft gerecht werden können. Einheitliche Standards senken zudem Transaktionskosten, in dem sie Unsicherheit bezüglich gesetzlicher Rahmenbedingungen und zukünftiger Investitionen in datenbasierte Projekte beseitigen.

  1. Ausgestaltung der PSI-Richtlinie in Europa und Deutschland aktiv angehen

Die Interpretation und weitere Ausgestaltung der PSI-Richtlinie durch die Bundesregierung ist zentral, damit die aktuelle Dynamik im Wettbewerb verwendet werden kann, um Standards zu nutzen und Konkretisierung des Regulierungsrahmens aktiv mitzugestalten. Daten, die die Daseinsvorsorge erschließen und den kommunalen Unternehmen wirtschaftliche Betätigung in digitalen Geschäftsfelder ermöglichen, rücken dabei in den Fokus. Eine enge Auslegung des Anwendungsbereichs der Richtlinie, in Bezug auf öffentliche Unternehmen auf europäischer Ebene, ist dabei zentral, um die konsequente Nutzung von Daten in einem gestuften Verfahren auf nationaler Ebene zu ermöglichen.

Die Studie

Die Studie „Digitale Daseinsvorsorge“ wurde von der Quadriga Hochschule Berlin im Jahr 2019 unter Leitung von Prof. Dr. Mario Voigt durchgeführt und untersucht die sinnvolle Nutzung und Hebung kommunaler Datenbestände. Sie basiert auf Analyse von Best Practice in Europa, Desk Research und Interviews mit Unternehmen, Institutionen und Verbänden in Deutschland. Im Forschungsbereich für Digital Public Affairs steht die Studie für Sie für kurze Zeit kostenlos zum Download bereit.

 

 

 

 

Smart Region: Digitale Infrastruktur für Deutschland

Smart Region: Digitale Infrastruktur für Deutschland

Deutschland steht für höchsten Technologiestandard. Eine beständig verfügbare digitale Infrastruktur bildet die Basis für viele neue Dienstleistungen, Anwendungen und Geschäftsmodelle. Darüber hinaus erhöht der Zugang zu einer modernen Internet-Infrastruktur die gesellschaftliche Teilhabe, ermöglicht neue wissenschaftliche und soziale Netzwerke und den freien Informationsfluss. Moderner Internetzugang ist eine kritische Komponente für eine demokratische Gesellschaft und kulturelle Vielfalt (OECD, 2017b).

Technologische Fragen

Unsere Infrastruktur- und Kompetenzbasis ist eine der besten der Welt. Dennoch landet die Bundesrepublik wenn es um die digitale Entwicklung geht beim Network Readiness Index des World Economic Forum nur hinter Ländern wie Singapur, Finnland, Schweiz, Schweden, Israel, den Niederlanden oder den Vereinigten Staaten auf Platz 15 von 139 verglichenen Ländern (World Economic Forum, 2016).

Deutschlands digitale Infrastruktur besteht aus einer Vielzahl von Netzwerken und Technologien. Den Aufbau prägt ein Mix aus fester und drahtloser digitaler Infrastruktur. Der Bedarf an Bandbreiten im Gigabit-Bereich für Unternehmen und Bürger wächst beständig. Beim Ausbau moderner Glasfaserverbindungen liegt Deutschland mit knapp 1 Prozent schneller Glasfaserverbindungen an allen Breitbandanschlüssen deutlich zurück. Gerade der geringe Anteil ist auch Grund dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich beim Ausbau der Internetgeschwindigkeit zurückfällt (Belson, 2016). Nach Berechnungen des TÜV Rheinland sind ungefähr 90 Milliarden Euro erforderlich, um Deutschland flächendeckend mit Glasfaser zu verkabeln (Parsons u.a., 2016).

Deutschland im Network Readiness Index (Quelle: WEF, 2016)

Bis zum Jahr 2021 wird der weltweite Internet-Traffic 127-mal größer sein als im Jahr 2005 (Cisco, 2017). In den nächsten fünf Jahren wird er sich im Verhältnis zu 2017 verdreifachen. Das Volumen der mobilen Breitbanddaten wächst ebenso rasant an und steigerte sich in den OECD-Ländern zwischen 2014 und 2015 um 71 Prozent (OECD, 2017a). Die Nutzer wechseln nahtlos zwischen festen und mobilen Verbindungen hin und her. Da die festinstallierte Breitbandinfrastruktur das Rückgrat für die mobilen Angebote darstellt, müssen beide Technologien gemeinsam entwickelt werden.

Nationale Unterschiede und Digitale Spaltung

Eine zentrale Gelingensbedingung für die digitale Transformation ist der flächendeckende Ausbau mit schnellem Internet in allen Landesteilen Deutschlands, das für alle zugänglich ist und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen. Die Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsinternet in allen Landesbereichen ist die zentrale Frage bei der Entwicklung der Gigabit-Gesellschaft. Gerade hier mangelt es Deutschland.

Häufig sehen private Unternehmen Investitionen im ländlichen Raum als weniger attraktiv an. Lange Leitungswege, eine geringe Siedlungsdichte und mangelnde Verfügbarkeit von nutzbarer Infrastruktur können zu einem negativen Deckungsbeitrag führen und erklären die derzeitigen „weißen Flecken“ auf der deutschen Breitbandkarte (Deist u.a., 2016). So ist aktuell eine Breitbandverfügbarkeit mit mehr als 50 Mbit/s im ländlichen Raum nur mit 36,2% gewährleistet. Im Vergleich ist ähnlich schnelles Breitband mit 90,3% in städtischen Gebieten vorhanden (BMVI, 2017a). Während eine Reihe von Regionen die technischen Grundlagen für den digitalen Wandel aus eigener Kraft schafft, sind andere Regionen strukturell schwächer entwickelt und benötigen mehr Unterstützung. Mehr als die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland besitzen eher schlechte Digitalisierungschancen (Wiechmann/Terfrüchte, 2017).

Aktuelle Breitbandverfügbarkeit in Deutschland – TÜV Rheinland (Stand Mitte 2017)

Die Lücke bei der digitalen Infrastruktur bleibt eine hartnäckige Herausforderung. Zumal der Rechtsrahmen den Ausbau in unterversorgten Gebieten erschwert, weil veraltete technologische Standards (Kupfer, Vectoring) und die Möglichkeit des Überbaus von neuen Technologien Investitionen in flächendeckende moderne Infrastruktur hemmen. Deutschlands feste Breitbandpreise sind dadurch im internationalen Vergleich zu hoch und steigen (World Economic Forum, 2016; Baller, Dutta und Lanvin, 2016). Die Bundesregierung hat erst spät mit dem DigiNetz-Gesetz versucht, gegenzusteuern.

Deutschlands zukünftige technologische Marktführerschaft wird auch davon abhängen, den erfolgreichen Einstieg in die Gigabitgesellschaft zu erreichen. Die bisherigen Ausbauphasen offenbarten mangelnde Koordination, technologische Klarheit, wettbewerbsrechtliche Hürden und eine finanzielle Unwucht. 

Handlungsempfehlung für eine digitale Infrastruktur

Investitionen in die Infrastruktur verringern Unterschiede zwischen den Regionen. Anspruch einer Smart Nation sollte sein, dass jede Gemeinde eine Ausfahrt von der Datenautobahn erhält.

Unser Ziel ist eine bundesweit flächendeckende Gigabitinfrastruktur aus Glasfaser und 5G.

Der Breitbandausbau ist das wichtigste Infrastrukturprojekt der nächsten Legislatur. Deutschland setzt als modernes Land auf Glasfaser. Lediglich Netze auf Glasfaserbasis vermögen langfristig den wachsenden Bedarf nach sehr hohen Bandbreiten jenseits der 50 Mbit/s befriedigen zu können (Deist u.a. 2016). Es sollte überall in Deutschland bis zu jeder Haustür reichen und das in der „Digitale Strategie 2025“ des Bundeswirtschaftsministeriums formulierte Ziel bis 2025 nur ein Mindestziel sein. Die Bundesregierung sollte konkrete Ausbauziele und Maßnahmen für die Legislaturperiode bis 2021 formulieren. Die öffentlichen Förderprogramme sind entsprechend des notwendigen Investitionsvolumen eines flächendeckenden Glasfaserausbau Fiber to the Home (FTTH) anzupassen (BMWi 2016) oder durch die (Teil-) Privatisierung der Deutschen Telekom ko-zufinanzieren.

Echte Potentiale ergeben sich durch die Einführung der fünften Mobilfunkgeneration (5G). Deutschland hat die Chance, als Innovationsführer bis 2025 ein hochleistungsfähiges 5G-Netz bereitzustellen und zum Leitmarkt für 5G-Anwendungen werden (BVMI, 2017c). Dazu sind zügig weitere Frequenzen auf dem Markt bereitzustellen und die Erlöse aus deren Versteigerung in den Glasfaserausbau fließen zu lassen. Mobilfunk-Basisstationen sind mit leistungsfähiger Glasfaser anzubinden und Best Practice in den Kommunen zu schaffen.

Wir sprechen uns für eine zentrale Koordination der Kompetenzen für den Breitbandausbau und dessen Finanzierung aus. Der Breitbandausbau vollzieht sich grundsätzlich im Wettbewerb, worin kommunale Unternehmen gleichberechtigte Marktteilnehmer sind. Häufig engagieren sie sich über eine rein marktwirtschaftliche Motivation hinaus für die Region. So investierten allein 2016 rund 150 kommunale Unternehmen im Breitbandausbau über 1 Mrd. Euro. Die Wettbewerbskonzeption des Bundes ist daher stärker als bisher auf Investitionen, Innovation und Wachstum auszurichten (Bundesregierung, 2017). Kommunale Unternehmen sollten im gleichen Umfang wie andere Marktteilnehmer auf Förderprogramme des Breitbandausbaus zurückgreifen können.

Deutschland fördert den Ausbau mit schnellem Internet durch genügend Ressourcen und eine kluge Förderpolitik.

Vor allem in gering besiedelten, ländlichen Regionen ist die Herausforderung groß, einen leistungsfähigen und auch bezahlbaren Internetzugang sicherzustellen. Wo der Wettbewerb an seine Grenzen stößt, sollten die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen unternehmerische, volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen in Einklang bringen, bspw. um Doppelausbau zu vermeiden oder interkommunale Kooperationen zu befördern. Sowohl die Bundesnetzagentur als auch das Bundeskartellamt bescheinigen dem Breitbandmarkt derzeit einen zu geringen Wettbewerb, da hohe Fixkosten und hoher Kapitalbedarf prinzipiell den Marktzugang erschweren (Bundesnetzagentur, 2017).

Eine Zugangsregulierung seitens der Bundesnetzagentur findet zwar statt, indem die Telekom als Netzinhaber angewiesen wird, das Netz den Konkurrenten zu öffnen. Dies geschieht jedoch nur nach Prüfung im konkreten Einzelfall. Will der schnelle Breitbandausbau gelingen, muss der eigenwirtschaftliche Ausbau geschützt und der mögliche Überbau verhindert werden (von Glaserfaser durch Vectoring). Mit einem großangelegten Förderprogramm sollte in Deutschland ausschließlichen der Glasfaserausbau gefördert werden. Der vom Bund geplante Wettbewerb für Kreise, Städte und Gemeinden ist mit ausreichenden Mitteln auszustatten, um mit konkreten Ideen Smart Region zu erproben (BVMI, 2017c).

Mit einem Digital Switch werden Potentiale im Kabelnetz schnell gehoben.

Deutschland nutzt nicht alle Potentiale des schnellen Aufbruchs in die Gigabit-Gesellschaft. Besonders auf Länderebene existieren in den Digitalisierungsstrategien Lücken, wenn es um den Infrastrukturausbau geht. Es reicht nicht aus, nur nach immer neuen Bundesförderprogrammen zu streben. Vielmehr gibt es im Bereich der Analog-Abschaltung in den Kabelnetzen durchaus Potentiale in den Ländern. Die Beendigung der analogen Verbreitung und den Einsatz des neuen Datenübertragungsstandards DOCSIS 3.1 würden immense Kapazitäten in den Netzen freisetzen, die für Gigabit-Internet zur Verfügung stünden. Über TV-Kabelnetze sind dann Datenübertragungsraten von bis zu 10 GBit/s im Downstream und 1 GBit/s im Upstream möglich; perspektivisch sogar mit symmetrischen Übertragungsraten im zweistelligen Gigabit-Bereich (ANGA, 2016).

 

Der Beitrag ist Teil der Studie „Digital. Kommunal. Deutschland. Smart Nation durch Smart Regions.“ von Christian Thorun, Kristina Sinemus und mir.

 

Is there a blueprint for victory? Campaign strategy and tactics

Is there a blueprint for victory? Campaign strategy and tactics

Mike Tyson said it best: They all have a strategy until they got hit. In today’s political environment with all its uncertainty and indifference political campaigns sometimes struggle to find the right recipe for success dealing with populism, fake news and a defragmented electorate.

Life is about choices. So are campaigns. Is the country on the right track, or do people thirst for change? Is the economy doing well off with new jobs being created, or is old labour being shipped overseas? Should Capitol insiders decide the country’s future, or should main street wits decide peoples’ prospects? At its best, campaigns offer voters something to choose, or at least try to frame it that way. Hence, unfortunately not necessarily the person we believe has the best ideas wins. It is not necessarily the person with the best experience. But certainly, the person with the best campaign and a clear and well executed plan wins. While obviously, every campaign is unique, there are some basic principles that can be applied to any election campaign. This article is about what must be taken into consideration to formulate a campaign strategy, plan tactics and communicate a message successfully.

1. In the age of permanent campaigns

The development of campaign management has been changing continuously. In general, experts see an evolutionary development of electoral campaigns, which is part of a modernisation process embedded in the technological and political changes in most post- industrial societies. This development is generally acknowledged by three phases: the pre-modern, the modern and the post-modern campaign.

Communication and the role of media were characterised by a partisan press, local posters and information brochures in the pre-modern era. The candidates spread their message through local meetings and ‘whistle-stop’ candidate trips. With the changing technical possibilities through radio and television, the demand for modern campaign communication grew, which characterised the phase from the early 1960s to the late 1980s. Especially television with its main evening news proved to be an important catalyst for a controlled news management within political campaigns with daily press conferences and controlled photo-ops. Image-related communication increased the profile of candidates and campaigns. In addition, target group-specific direct mail campaigns were added, which narrowed broad-based communication to specific target groups and niche communication. Since the 1990s campaign communications has experienced a diversification with cable emerging in strongly fragmented TV markets and the new internet outreach. The internet promoted direct communication and accelerated information cycles, and the campaigns responded with expanded message management.

Political campaigns are constantly growing, financially intensive, communicative high- performance machines whose characteristic communication style has changed from ‘mass propaganda’ to ‘media campaigning’ to ‘political marketing’, which in turn are characterised by different elements. The post-modern election campaigns are characterised by four essential aspects: (1) the ‘personalisation’ of campaign communication and the emphasis on the candidate role; (2) the scientification of campaign planning by experts (e.g. pollsters, political consultants) at the expense of traditional party of officials; (3) the ‘detachment’ of political parties from citizens by relying heavily on polling instead of civic interaction; and (4) the development of ‘autonomous communication structures’, which not only follow the interests of political campaigns, but also the logic of the media.

This has led to an overall objective in modern governance. The need to constantly communicate publicly and, conveying policies to the electorate, set the stage for the next election campaign. Successful governments use the findings of opinion research and carry out strategically planned communication campaigns. Government actions and policy-making are morphing into a recurring marketing offer – a permanent campaign, where actions and its marketing go hand-in-hand. Governing is perceived as a permanent campaign to mobilise support and public acceptance, blurring the boundaries between policy-making and news-making. Hence, political campaigning becomes an integral part of today’s politics.

2. The basic question ‘change vs. more of the same’

There is a ‘golden rule’ of campaign politics: A campaign must repeatedly communicate a persuasive message to voters. However, to know what the right message is, who my voters are and how to approach them is the magic sauce of strategy and tactics. But before diving into it one must understand the basic question every election poses. The simple but tricky question is: Change or more of the same?

Does this country need a change because the current situation, its leader or their concepts have failed? Or have the last years been successful, leaders have turned the country around, or deserve another term because there is no other alternative on the horizon? Different political parties or candidates offer different analysis or solutions to the problems a society faces. These are constant choices, which they bring before the voters. Campaigns offer voters choices, and ‘change vs. more of the same’ is the simple yet most effective one.

Usually, the opposition formulates a change argument. Obama has been the most obvious candidate doing so when he cleverly filled a void with his simple ‘Change and Hope’ slogan in 2008 which combined his youthful charm, his media freshness and the promise for better times. Ronald Reagan’s 1980 campaign masterfully championed President Carter by framing the choice with the question ‘Are you better off than you were four years ago?’.

In general, the party or candidate in government argues the opposite. They claim successful years in government or stress how risky it would be to not stay on course. In the middle of the global financial crisis Angela Merkel’s 2009 campaign urged voters to believe in the turnaround story of her government. In the words of the chancellor: ‘Germany will come out of the crisis more successful than we went into.’ Therefore, the campaign message was…

The complete article can be found as „Is there a blueprint for victory? Campaign strategy and tactics in elections“ (p.157-173), in:

Tür-zu-Tür-TÜV: Was bringt Haustürwahlkampf?

Tür-zu-Tür-TÜV: Was bringt Haustürwahlkampf?

Die Politik rennt den Menschen die Türen ein. Zurück zu den Wurzeln der direkten Wähleransprache über Tür-zu-Tür. Journalisten und manche Beobachter reiben sich verwundert die Augen. Die Wissenschaft nicht. Ganz einfach: Tür-zu-Tür-Wahlkampf wirkt. Wissenschaftlich bewiesen.

Politik ist Kontaktsport. Menschen bewegen Menschen zur Abgabe ihrer Stimme bei der Wahl. Martin Schulz war ganz überrascht als Annegret Kramp-Karrenbauer mit knapp 41 Prozent seinen Zug auf das Abstellgleis lenkte. Über 75.000 Haushalte besuchte die CDU im Saarland – und das bei 217.000 Wählern. Ein Erfolg, der in Schleswig-Holstein und NRW seine Fortsetzung fand. Doch warum verfällt Politik wieder auf persönliche Ansprache? 

Wissenschaftlicher Tür-zu-Tür-TÜV

Zahlreiche Studien belegen die positiven Effekte für die Wahlbeteiligung und den Wahlerfolg, wenn man direkt-persönlich Kontakt sucht. Tür-zu-Tür kann zwischen 2-8 Prozentpunkten das Ergebnis anheben. 5 Argumente finden die wissenschaftlichen Studien für Tür-zu-Tür:

1. Effektivitäts–Argument: Es wirkt am besten

Das stärkste Argument zu Beginn: Tür zu Tür wirkt am besten von allen Wahlkampfinstrumenten. Klar, es ist mühsam, gerade wenn der Wahlkreis groß und die Wählerschaft vielgesichtig ist. Doch es gibt nichts Effektiveres im Wählerdialog. Von Harold F. Gosnells Studie „An experiment in the stimulating at voting“ aus dem Jahr 1926, über Eldersveld in den 1950er bis Rosenstone und Hansen in den 1990ern kommen alle zum Ergebnis: Tür-zu-Tür ist das effektivste Wahlkampfinstrument. Zum modernen Standard der Wahlkampfwirkungsforschung sind die verschiedene Studien von Gerber, Green und Nickerson geworden. Sie fanden bspw. das Tür-zu-Tür die Wahlbeteiligung um 8 Prozentpunkte steigert, während die postalische Ansprache sie nur um einen halben Prozentpunkt erhöhte und Telefonanrufe keine Effekte auf die Wahlbeteiligung hat.

Aber gilt das nur für die USA? Zwar ist die Forschung in Europa noch ein zartes Pflänzchen, aber ähnliche experimentelle Feld-Studien finden fast ähnliche Effekte. Allerdings schlagen diese im Vereinigten Königreich etwas stärker aus wie Studien von John und Brannan für die Britischen Unterhauswahl bis hin zu weiteren große Untersuchungen belegen. Bei der Mobilisierung in Frankreich, oder Spanien sind die Effekte etwas kleiner, aber immer noch besser als mit anderen Wahlkampfinstrumenten. In Deutschland? Studien fehlen weitgehend, aber Tests von Parteien zeigen ähnliche Resultate bis zu 4 Prozentpunkten.

2. Vertrauens-Argument: Auge in Auge funktioniert es

Menschen vertrauen Menschen, wenn sie ihnen gegenüberstehen. Bereits in den vierziger Jahren arbeitete die Forschungsgruppe um Paul Lazarsfeld die Vorteile der interpersonellen Kommunikation heraus: Sie wird als zweckfreier wahrgenommen, der Kommunikator kann flexibler auf Widerstände reagieren und sein Gegenüber überreden, ohne voll überzeugen zu müssen. Es hilft, interpersonell zu kommunizieren, weil das Vertrauen der Wähler steigt, wenn sie jemanden menschlich erleben. Das hat viel mit sozialen Normen und Psychologie zu tun. Der Kodex des respektvollen Umgangs wird Auge-in-Auge nicht verlassen. Face-to-Face akzeptieren Wähler sogar den Haustürwahlkämpfer, selbst wenn die vorgetragene Meinung nicht ganz übereinstimmt. Diesen moralischen Zugang gibt es bei anderen Kampagneninstrumenten nicht.  Amerikanische Kampagnen nutzen die Wählerpsychologie für „social pressure“ oder nudging: Dein Nachbar hat schon gewählt, willst du nicht auch mal? Nach deutschem Datenschutz unvorstellbar.

3. Navigator–Argument: Informationsdickicht überwinden

Es ist unübersichtlich geworden: Fernsehen, Internet, Radio und Zeitungen – tausende Information. Jeden Tag. Welcher Wähler soll da noch den Überblick behalten? Im Informationsdickicht braucht der Wähler persönlichen Beistand und einen Navigator.

Orientierung geben

Den sucht er im persönlichen Umfeld oder bekannten lokalen Gesichtern. Bei der zunehmenden Diversifikation elektronischer Medien und der Zerfransung der Mediennutzung gewinnt die Ansprache des eigenen Wählerpotentials größere Bedeutung. Es kommt zu einer Rückbesinnung auf den persönlichen Politik(er)-Wähler-Dialog. Bei schwankenden Wahlbeteiligungen gewinnt eine Fokussierung auf Mobilisierungsinstrumente Bedeutung; zumal, wenn die Wirkung der Massenmedien sinkt. Und es wirkt ansteckend: Die persönliche Ansprache mobilisiert auch weitere Familienmitglieder zur Wahl zu gehen, selbst wenn sie während des Gesprächs garnicht anwesend war. Auch im Digitalzeitalter soll es menscheln. Wer im Gedächtnis der Wähler bleiben will, sollte Mensch zu Mensch kommunizieren und nicht über andere Kommunikationskanäle.

4. Revitalisierungs-Argument: Gib der Partei was zu tun

In der Wählerschaft herrscht Unsicherheit und die Kompetenzzuweisung zu den klassischen Medien sinkt. Genauso erreichen klassische Wahlkampfinstrumente von der Großveranstaltung, dem Wahlkampfstand, bis zur Parteizeitung fast ausschließlich nur den politisch interessierten Wähler. Politik ist gezwungen auf die potentiellen Wähler im wahrsten Sinne des Wortes zuzugehen. Schließlich sind sie keine „civic charity“. Bei den Praktikern hat sich zugleich die Einsicht durchgesetzt, dass die Haustürkampagne organisatorische Stärke benötigt, die nur eine Parteibasis liefern kann. Endlich hat der Ortsverband wieder ein wichtige Rolle. Tür-zu-Tür verbindet also Kandidat, Parteistrukturen und befreundeter Vereinigungen. Sie ist im Grunde nur möglich, wenn man dem Leitsatz folgt: „bring the party back in“. Parteiarbeit von jung bis alt hat wieder Gewicht. Und es hinterlässt einen bleibenden Effekt für nachfolgende Wahlen: Einmal angesprochen steigt die Wahrscheinlichkeit des Wählers auch beim nächsten Mal zu gehen. Ein guter Anreiz für die kommunalen Parteistrukturen.

5. Big-Data-Argument: Mit dem Wissen über den Wähler was anfangen

Je mehr man über den Wähler weiß, umso leichter ist er aktivierbar. Neuere Studien konzentrieren sich auf den Einsatz von Big Data und Digitale Technologien, die die herkömmlichen Wählerpotenzialanalysen massiv aufwerten und das (Geo-)Targeting verfeinern. „Big Data“ ermöglicht es, viel gezielter auf die Interessen und das online sicht- und messbare Verhalten der Wähler einzugehen. Komplexe Modellierung helfen den Freiwilligen an der Haustür genau jene Botschaft beim Wähler zu platzieren, die er gerne hören möchte. Seit 2004 verfeinern Kampagnen weltweit die Verwendung von wählerrelevanten Daten.

Apps helfen beim Wahlkampf

Mit neuen technischen Innovationen, Apps und Kampagne-Dashboards rücken die fernen Tür-zu-Tür-Besuche ins Zentrum des Kampagnenhauptquartiers. So verheiraten sich zentralisierte Kampagnenführung von oben mit sozialen Bewegungen von unten. Nach Jahren der Funktionsentleerung der mittleren Parteiebenen kommt der Basis wieder eine Rolle zu.

 

Der Direktkontakt ist der effektivste Weg zum Wähler, und die Haustürkampagne ganz besonders. Tür-zu-Tür heißt Mensch-zu-Mensch. Ist erfolgreich. Wissenschaftlich bewiesen. Und macht auch noch Spaß.

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Warum Briefwahl unterschätzt wird – 5 Fakten

Warum Briefwahl unterschätzt wird – 5 Fakten

Immer mehr Deutsche tun es. Briefwahl. Mehr als jeder vierte Wähler entscheidet sich von Zuhause aus. Wie sind die Fakten und was heißt das für die Wahlkämpfer?

Der Wahlkampf nimmt an Fahrt auf. Großflächen, Plakate und Veranstaltungen beginnen. Der Grund: In diesen Tagen erhalten die Wähler ihre Wahlbenachrichtungen und können beginnen, ihre Stimmen abzugegeben. Zwar ist der Wahltermin erst am 24.9.2017. Doch immer mehr Deutsche wählen deutlich vor dem eigentlichen Wahlsonntag. Die Gründe sind vielfältig: Arbeit, Urlaub oder Gewohnheit.

Seit der Bundestagswahl im Jahr 1957 ist Briefwahl möglich. Seit fünf Jahren geht dies sogar ohne Begründung. Vorher gab es nur die Möglichkeit, mit einem Hinderungsgrund den Gang zur Urne zu vermeiden und stattdessen per Brief zu wählen. Wer krank war oder zu den Öffnungszeiten der Wahllokale arbeiten musste, konnte Briefwahl beantragen. Studien in den USA, im internationalen Vergleich und Deutschland beschäftigen sich mit den Auswirkungen.

Fünf Trends lassen sich über das Briefwahlverhalten der Deutschen anhand der repräsentativen Wahlstatistik ablesen:

  1. Immer mehr Deutsche tun es: Briefwahl

Anteil der Briefwähler seit 1957

Immer mehr Deutsche entscheiden sich zu einer Stimmabgabe per Brief. Fast jeder vierte Deutsche wählt per Brief vor dem eigentlichen Wahltag. Der Anteil der Briefwähler lag bei der Bundestagswahl 2013 mit 24,3 % um 2,9 Prozentpunkte höher als bei der Bundestagswahl 2009. Er erreichte den höchsten Wert seit Einführung der Briefwahl 1957. Der Trend zur verstärkten Nutzung der Briefwahl hält unvermindert weiter an. Die Steigerung von Wahl zu Wahl beträgt rund 2-3 Prozent. Insgesamt stimmten 2013 in Deutschland 10.758.677 Bürger per Brief ab.

  1. Kleine Parteien stark, große Parteien mit Reserven

Stimmen der Briefwähler nach Parteien

Für CSU, Grüne und FDP ist die Briefwahl ein wichtiger Seismograph. Ein Drittel ihrer Wähler stimmt nicht direkt am Wahltag ab. Briefwahl-Champion ist die CSU, bei der mehr als jeder dritte Wähler (34,7%) postalisch oder vorher auf dem Amt abstimmt. Auch FDP (31,1 %) und GRÜNEN (28,9 %) erhalten ihre Stimmen mit dem Wahlbrief.

Erstmals lagen 2013 die Volksparteien CDU und SPD im Briefwahlverhalten gleichauf. Fast jeder vierte Wähler (23,1%) gab ihnen seine Stimme per Brief. Blickt man auf die Union, dann wird die Bedeutung der Briefwahl augenscheinlich: Am Wahltag 2013 gaben 13.597.199 Deutsche ihre Stimme der Union. Bereits in den Wochen zuvor wählten 4.568.247 Deutsche die CDU/CSU per Brief.

Im Vergleich zur Bundestagwahl 2009 wuchs der Anteil von Briefwähler für die Union um mehr als 1 Mio. Bürger an. Zudem vergrößerte sich der Abstand zur SPD von 1,5 Mio. (2009) auf fast 2 Mio. mehr Briefwähler.

  1. Briefwähler unterscheiden sich nach Bundesländern

Man weiß nicht, was die Deutsche Post im Norden und Osten der Republik anders macht als im Süden oder Norden. Eines ist klar: Die Briefwahlquoten unterscheiden sich zwischen den Bundesländern deutlich. Zwischen den Bundesländern liegen 20 Prozent Unterschied bei der Briefwahl. Als generelle Faustregel darf gelten: Hoher Briefwahlanteil im Westen und Süden; geringerer Anteil an Briefwahl im Norden und Osten.

Briefwahl nach Bundesländern

Bei der Bundestagswahl 2013 lag der Briefwähleranteil insbesondere in Hamburg und Bayern mit 30,6% bzw. 35,3% deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Außerdem schnitten Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz leicht über dem Durchschnitt ab. Besonders gering fiel der Briefwähleranteil 2013 in Schleswig-Holstein (17,9%), Brandenburg (15,9%), Sachsen-Anhalt (15,2%), Sachsen (16,4%) und Thüringen (16,2%) aus. Das Wachstum des Briefwähleranteils liegt mit unter 1% von der Wahl 2009 zu 2013 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen deutlich unter dem Bund mit 2,8%.

  1. Briefwähler verstärkt in den Städten

Je städtischer es ist, umso höher fällt die Briefwahl aus. Bewohner in Städten nutzen Briefwahl häufiger als im ländlichen Raum. Während in eher ländlichen Wahlkreisen der Briefwähleranteil bei durchschnittlich 23,2 Prozent lag, kamen die Wahlkreise, die Städte mit mehr 250.000 Einwohnern einschließen, auf 27,3 Prozent. Gerade die Großstädte München, Hamburg oder Köln kommen auf Werte zwischen 30 und 40 Prozent.

Und da ergeben sich auch Chancen und Herausforderungen für die Parteien. Während die Union in den größeren Städten häufig unterdurchschnittliche Gesamtergebnisse einfährt, liegt das Ergebnis bei Briefwählern besser. So schnitt die Union in den größeren Städten bei den letzten Bundestagswahlen 2009 und 2013 in der Briefwahl zwischen 3,5 und 6 Prozentpunkte höher als am Wahltag. Den gegenteiligen Trend sieht man bei der Performance der Sozialdemokraten. Ihre Ergebnisse bei der Briefwahl in den Städten war sowohl 2009 als auch 2013 2-3 Prozentpunkte hinter dem Wahltag.

  1. Bayrische Wahlkreise sind Briefwahl-Spitze

Besten und schlechtesten Briefwahlkreise

Die Bayern mögen das Wählen per Post. Alle zehn der Wahlkreise mit den höchsten Anteilen an Briefwähler finden sich in Bayern. An der Spitze steht der Wahlkreis 229 (Passau) mit einem Anteil von 43,2 %. Natürlich muss man die Landtagswahlen in Bayern und das Hochwasser 2013 berücksichtigen, aber dennoch gilt der Trend im Bayern auch in den Wahlen zuvor. Die zehn Wahlkreise mit den geringsten Anteilen an Briefwählern weisen Anteile zwischen 11,9 % und 13,5 % auf. Die ersten neun dieser Wahlkreise befinden sich in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Brandenburg und somit alle in neuen Bundesländern. Der Wahlkreis mit dem geringsten Briefwahlanteil aus einem der alten Bundesländer findet sich an zehnter Stelle und ist in Niedersachsen.

Nimmt man alle Wahlkreise in den Blick, so ist in über 70 Prozent der Wahlkreise mehr als jeder Fünfte Briefwähler. Dieser Wert lag bei der Bundestagswahl 2009 noch bei knapp 54 Prozent. In mehr als der Hälfte der 299 Bundestagswahlkreisen (158) lag der Wert zwischen 20-30 Prozent. In 56 Wahlkreisen machte die Briefwähler sogar mehr als ein Drittel der Wähler aus.

Strategischer Ansatz der Parteien: Mobilisierung bevor der Wahlkampf richtig beginnt

Die Briefwahl wächst an. Die Deutschen wählen aus ganz unterschiedlichen Gründen per Brief. Arbeit, Urlaub oder ungestörtes Abstimmen von Zuhause – Umfragen aus dem Jahr 2013 legen ganz unterschiedliche Motive offen.

So gibt ein größerer Teil die Abwesenheit durch Urlaub oder einen Termin am Wahltag an. Fast ein ähnlich großer Anteil wählt aus Bequemlichkeit von Zuhause. Zudem bewegen verschiedene Wähler auch die ungestörte Abwägung über die Wahlentscheidung in den heimischen vier Wänden. Dies deckt sich mit Studien in den USA. Dort gaben Briefwähler an, gerne nochmal zuhause Wahlwerbung zu sichten, sich Zeit für die Wahlentscheidung zu nehmen oder auch nicht in den langen Schlangen an den Wahllokalen stehen zu müssen.

Für die Parteien ergeben sich strategische Fragen daraus:

  • Mancher Wahlkreis wird über die Briefwahl entschieden.

Wenn es knapp zugeht, entscheidet die Performance. Und da gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Parteien bei Brief- und bei Urnenwahl. Die CSU erzielte bei Briefwahl 10,6 während sie am Wahltag 6,4 Prozent erreichte. Die CDU und die SPD errangen am Wahltag 2013 rund 2 Prozentpunkte mehr als während der Briefwahlphase. Die FDP 6,1% und die GRÜNEN 10,0% profitieren von der Briefwahl.

Unterschied zwischen Brief- und Urnenwählern

Historisch betrachtet lag bei jeder Bundestagswahl seit 1990 das Briefwahlergebnis bei der CSU über dem Wahltagsergebnis. Dagegen erzielte die CDU bei den beiden vorherigen Bundestagswahlen etwas höhere Ergebnisse bei der Brief- als bei der Urnenwahl (2005: 30,7-27,1; 2009: 28,0-27,1). Die SPD ist bei der Briefwahl beständig schlechter gewesen, verringert aber den Abstand.

  • Storytelling interrupted: Unsicherer Zeitpunkt der Wahlentscheidung

Landläufig steigern die Wahlkampfkommunikatoren den Werbedruck zum Wahltag hin. Sie wollen eine Geschichte erzählen. Mit Broschüren, mehr Großflächen, mehr Online, mehr Veranstaltungen. Doch was macht man, wenn sich ein größerer Teil bereits vor dem Wahltag entscheidet und manchmal auch schon vier Wochen vor dem Wahltag. Keine choreografierte Wahlkampfgeschichte. Der Bürger hat seine Stimme schon vergeben. Studien legen ein Wahlverhalten nahe, bei dem Briefwähler bereits sehr frühzeitig ihre Stimme abgeben. Da kommen Tür-zu-Tür und digitale Mobilisierung ins Spiel. Die direkte Ansprache wirkt weit bevor der offizielle Kampagnen-Startschuss und die Sichtbarkeit hergestellt ist.

  • Informieren und Applaudieren: Den Bürger unterstützen

Um Briefwähler frühzeitig zu erreichen, gehen die Parteien Tür-zu-Tür und informieren im Netz über die Möglichkeit der Briefwahl. Die CDU wirbt mit eigener recherchierbarer Datenbank unter briefwahl17.de . Auch SPD und Grüne bieten Infos. Und die unabhängige Initiative Sonntag-hab-ich-was-besseres-vor applaudiert der demokratischen Teilhabe. Studien belegen, dass Bürger die soziale Anerkennung lieben. Also, „I voted“ oder „Ich habe gewählt“ wäre in international bewegten Zeiten der richtige Applaus für die Briefwähler. Zumal in den sozialen Medien der Mobilisierungseffekt nachhallt.

Die Briefwahl ist ein wichtiger Bestandteil des Wahlkampfes geworden. Ohne eigenes Campaigning zur Briefwahl entgehen den Parteien wertvolle Stimmen – und sie zählen genauso wie am Wahltag.

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Trends im Wahlkampf: Von Tür-zu-Tür bis Digital

Trends im Wahlkampf: Von Tür-zu-Tür bis Digital

Der Sommer lässt in Deutschland noch auf sich warten, der Wahlkampf beginnt heißer zu werden. Weniger als 60 Tage bis zur Bundestagswahl. Doch was sind die Trends in der Wählerkommunikation?

Ganz klar: Die persönliche Ansprache ist der Wahlkampftrend 2017 – Tür-zu-Tür und Digital.

Politik ist Kontaktsport. Wer in Zeiten von Erdogan, Brexit und Fake News das Herz der Wähler gewinnen will, muss den direkten Draht suchen. Bei all den existierenden Medienkanälen findet die glaubwürdigste Kommunikation Mensch zu Mensch statt. Mit Apps, E-Mail oder Social Media verschmelzen persönliches Gespräch und digitale Ansprache. Die Mobilisierung und direkten Wähleransprache sind en vogue und nicht nur in Deutschland Trend.

International sieht Wahlkampf ähnlich aus:

USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland – direkte Wähleransprache Tür-zu-Tür und digital bestimmen die Wahlkämpfe.

Wichtige Fragen für die Mobilisierung

Bei der direkten Ansprache von Tür-zu-Tür oder der digitale Kommunikation sind verschiedene Punkte wichtig.

  • Was bringt es überhaupt Wähler direkt zu kontaktieren?
  • Welche praktischen Erfahrungen und Beispiele gibt es?
  • Und was sagt die Wissenschaft zur direkten Wählerkommunikation?
  • Was müssen Wahlkämpfer beachten?
  • Gibt es bessere oder schlechter Zeitpunkte der Ansprache?
  • Auf welche Daten und KPIs schielen die Wahlkämpfer bei der direkten Ansprache?
  • Welche Ähnlichkeiten und welche Unterschiede lassen sich international erkennen?

In einer Miniserie „Trends im Wahlkampf: Von Tür-zu-Tür bis Digital“ gehen wir an dieser Stelle den Fragen bis zur Bundestagswahl nach.

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